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CITY Lights: Heiße Herzen

Offiziell ist Katalonien eine von 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens und, auch wenn es dafür starke Bestrebungen gibt, kein eigener Staat. Kulturelle Homogenität aber macht die Region im Norden Spaniens zu Recht geltend; Zeugnisse davon lassen sich nun bei den Katalanischen Filmtagen (Montag bis Mittwoch im Arsenal) besichtigen.

Offiziell ist Katalonien eine von 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens und, auch wenn es dafür starke Bestrebungen gibt, kein eigener Staat. Kulturelle Homogenität aber macht die Region im Norden Spaniens zu Recht geltend; Zeugnisse davon lassen sich nun bei den Katalanischen Filmtagen (Montag bis Mittwoch im Arsenal) besichtigen. Den Veranstaltern ist zugleich viel daran gelegen, sich „strikten Kategorisierungen“ zu verweigern. Tatsächlich darf bezweifelt werden, ob Otto Normalurlauber Spanienklischees von Vorstellungen über Katalonien unterscheiden kann. Aber kulturelle Weiterbildung schadet ja bekanntlich nie.

Einer der sechs Filme des Programms läuft bereits in unseren Kinos, es ist der „Vorsicht, Hausmeister!“-Thriller Sleep Tight. Hier nun darf man ihn unter katalanischen Gesichtspunkten studieren. Auch der Eröffnungsfilm, Elena Trapés Blog, wirkt thematisch vertraut: Eine Gruppe von Schülerinnen beschließt, zur selben Zeit schwanger zu werden. Davon handelte der im Juni gestartete „17 Mädchen“ aus Frankreich. Jetzt bietet sich die Gelegenheit zum anregenden Vergleich.

Unbekanntes ist diese Woche außerdem aus dem deutschsprachigen Raum zu entdecken. Besonders unterschätzt wird der frühe österreichische Film. Er wird allzu oft auf Sissi-Seligkeit reduziert, so als habe es vor Ulrich Seidl und Michael Haneke nichts von Belang gegeben. Einen ungewöhnlich düsteren, kraftvollen Kostümfilm inszenierte 1949 der aus dem Exil zurückgekehrte Walter Kolm-Veltée, dessen jüdischer Vater die KZs Buchenwald und Dachau überlebt hatte. Eroica (Sonntag und Montag im Bundesplatz-Kino) ist immer noch das stärkste aller Beethoven-Biopics, mit großartigen Burgtheater-Schauspielern wie Ewald Balser in der Hauptrolle und Oskar Werner als dessen neurotischer Neffe. Der musikalische Genuss war vorgegeben; für den optischen Zauber sorgt eine expressive Schwarz-Weiß-Fotografie. Selten hat man Postkutschen so dekorativ durchs Herbstlaub rasen sehen.

Mit dem Mythos eines radikalen Neuanfangs in der sowjetischen Besatzungszone räumt die Defa-Stiftung auf, die zum vorerst letzten Mal einen Regisseur aus der NS-Zeit vorstellt, der 1945 seine Karriere nahtlos fortsetzten konnte. Das ist kein so dunkles Kapitel, wie man denkt. Paul Verhoeven – nicht der Regisseur von „Türkische Früchte“ und „Basic Instinct“, sondern der Vater von Michael Verhoeven – war ein in jeder Hinsicht anständiger Mann, der unter den Nazis unnötige Kompromisse vermieden hat. Seine Komödie Ein glücklicher Mensch (1943) über einen schwedischen Nobelpreisträger – auch er von Ewald Balser dargestellt – und dessen vergnügungssüchtige Kinder und sein Defa-Märchenfilm Das kalte Herz (beide Montag im Arsenal) unterscheiden sich nicht wesentlich. In ihrer humanistischen Gesinnung verdeutlichen sie, dass Filme nicht in erster Linie von Systemen, sondern von Menschen gemacht werden.

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