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CITY Lights: Kamera im Kopf

Hinterher ist man immer klüger. Wenn der Erfolg erst einmal da ist, kann man behaupten, die acht Millionen Zuschauer von „Ziemlich beste Freunde“ seien kein Wunder.

Hinterher ist man immer klüger. Wenn der Erfolg erst einmal da ist, kann man behaupten, die acht Millionen Zuschauer von „Ziemlich beste Freunde“ seien kein Wunder. So wie im Nachhinein die Warnungen vor einem „Titanic“-Desaster unbegründet erscheinen. Die meisten Überraschungserfolge haben, näher betrachtet, nichts Überraschendes an sich. Sie folgen, so originell und gewagt sie zunächst erscheinen mögen, den Gesetzen des Markts. Zu den wenigen Ausnahmen gehört Ich bin neugierig, ein filmisches Pamphlet von Vilgot Sjöman, das sich – wie die schwedische Flagge – aus den Teilen Gelb und Blau zusammensetzt. Linksradikal, selbstreflexiv und halb dokumentarisch, im schwedischen Original mit englischen Untertiteln, gelangte allein der „gelbe“ Teil auf Platz 12 der US-Charts von 1969 (Montag als Doppelprogramm im Filmrauschpalast). Man könnte den Erfolg mit der damaligen Sexwelle erklären, denn wenn die Protagonistin nicht gerade an einer Vietnam-Demo teilnimmt oder Passanten auf Geschlechter- und Klassenfragen anspricht, wälzt sie sich mit ihrem Freund im Bett und auf dem Boden.

Ich bin neugierig – das dachten auch die Fans von Humphrey Bogart, der in der ersten Hälfte von Dark Passage (1947) unsichtbar bleibt. Dabei spielt er die Hauptrolle und ist von der ersten Minute an präsent. Doch Regisseur Delmer Daves hatte sich für eine subjektive Kamera entschieden: Wir erleben Bogeys Ausbruch aus dem Zuchthaus und seine Versuche, den wahren Mörder seiner Ehefrau zu finden, aus seiner Perspektive (Sonntag und Montag im Arsenal). Erst nach einer Gesichtsoperation wechselt die Perspektive, jetzt erst richtet sich die Kamera auf den Star. Ganz stimmig ist dieser Perspektivwechsel nicht, aber das Experiment macht den Film dennoch sehenswert.

Einen seltenen Ausflug ins ThrillerGenre unternahm 1945 René Clair, der Meister der Komödie: Er adaptierte Agatha Christies Roman „Zehn kleine Negerlein“, der unter diesem Titel nicht mehr publiziert wird. Das letzte Wochenende handelt von zehn geldgierigen Fremden, die auf eine Insel gelockt und einer nach dem anderen ermordet werden (Heute im Lichtblick-Kino). Da sie selbst Menschenleben auf dem Gewissen haben, kann Clair es sich leisten, auch diesen Stoff wie eine Komödie zu inszenieren.

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