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CITY Lights: Keine Angst vor Messern

Wer jeden seiner Filme in Cannes, Venedig oder Berlin präsentieren darf und von einer treuen Fangemeinde kultisch verehrt wird, der kann auch Kritik vertragen. Terrence Malick hat einen festen Platz in der Filmgeschichte, selbst seine Gegner bestreiten nicht, dass es sich bei ihm um einen großen Künstler handelt.

Wer jeden seiner Filme in Cannes, Venedig oder Berlin präsentieren darf und von einer treuen Fangemeinde kultisch verehrt wird, der kann auch Kritik vertragen. Terrence Malick hat einen festen Platz in der Filmgeschichte, selbst seine Gegner bestreiten nicht, dass es sich bei ihm um einen großen Künstler handelt. Aus der A-Liga kann man ihn nicht mehr vertreiben. Dennoch verdienen die negativen Stimmen Beachtung. Sie beklagen Manierismen und Naturmystik. Bei Malick sehe man mehr Gras als Beton. Aber muss man das gleich unter Ideologieverdacht stellen? Weiteren Diskussionsstoff liefert das erste deutschsprachige Buch über den konsequentesten Einzelgänger des US-Kinos (Dominik Kamalzadeh / Michael Pekler: „Terrence Malick“, Schüren-Verlag, 19,90 €). In zwei Wochen startet Malicks jüngster Film, „To the Wonder“, das Arsenal stellt zu diesem Anlass sein Gesamtwerk vor. In seinem 1973 fertiggestellten Debütfilm Badlands (Mittwoch) spielen Sissy Spacek und Martin Sheen ein Liebespaar auf der Flucht; sie gehören zu den Interviewpartnern, die 30 Jahre später in der Dokumentation Rosy-Fingered Dawn: A Film on Terrence Malick (Montag) Auskunft geben. Auch dabei: Jack Fisk, Ausstatter sämtlicher Malick-Filme – und Ehemann von Sissy Spacek.

Anders als Malick ist der Österreicher G.W. Pabst oft Kompromisse eingegangen. Aber was soll’s, wenn dabei Klassiker wie „Die Büchse der Pandora“ herauskommen? Pabst war der erste Psychoanalytiker unter den Regisseuren, in Geheimnisse einer Seele (1926) spielt Werner Krauß einen Mann mit Messerphobie, hinter der sich die Angst verbirgt, er könnte seine Ehefrau töten (Mittwoch im Arsenal). Sigmund Freud lehnte es ab, in beratender Funktion mitzuwirken. Seinem Kollegen Sándor Ferenczi sagte er: „Die Verfilmung lässt sich sowenig vermeiden wie der Bubikopf, aber ich lasse mir selbst keinen schneiden und will auch mit keinem Film in persönliche Verbindung gebracht werden.“ Auch große Männer können irren.

Gerade weil es lange Zeit nicht ernst genommen wurde, bot das Kino einst ungeahnte Freiräume. Je alberner ein Film, desto gewagtere Botschaften ließen sich unterbringen. Reinhold Schünzel, der sein Handwerk unter Lubitsch lernte, durfte als einziger jüdischer Regisseur bis 1937 mit Sondergenehmigung im NSStaat drehen. Er war Kosmopolit, arbeitete mehrsprachig, das garantierte der UFA einen lukrativen Export. Bei der durchgeknallten Hochstapler-Komödie Donogoo Tonka (1936) stand ihm mit der blonden Tschechin Anny Ondra eine hinreißend animierte, erotische Komikerin zur Seite (Mittwoch in den Eva-Lichtspielen). Sie war die bevorzugte Darstellerin des jungen Hitchcock und heiratete später den Boxer Max Schmeling. Es ist an der Zeit, sie als autonomen Star zu würdigen.

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