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CITY Lights: Schwarzweißmaler und Schönfärber

Schreckensbilder aus aller Welt erreichen uns in Farbe. Ältere aber erinnern sich noch an eine Zeit, in der Farbe als frivol galt und Krieg und Elend prinzipiell schwarz-weiß aussahen.

Schreckensbilder aus aller Welt erreichen uns in Farbe. Ältere aber erinnern sich noch an eine Zeit, in der Farbe als frivol galt und Krieg und Elend prinzipiell schwarz-weiß aussahen. Was wohl auch an den Kosten lag: Die Farbfotografie erforderte viel Aufwand, und den schienen nur besonders schöne Motive wert. Ausgerechnet die Deutschen, deren Fototechnik weltweit Ansehen genießt, waren in Sachen Farbfilm spät dran. Der erste Spielfilm, die Ufa-Operette „Frauen sind doch bessere Diplomaten“, kam erst 1941 ins Kino, mit passablen Farben. Triumphe feierte der deutsche Farbfilm nur, solange die Konkurrenz aus USA und England kriegsbedingt ausgeschaltet war.

Agfacolor-Klassiker wie „Münchhausen“ sind berühmt, unerforscht dagegen farbige Kurzfilme und Wochenschauen. Mit dem Thema befasst sich Dirk Alt in seinem Buch „Der Farbfilm marschiert! Frühe Farbfilmverfahren und NS-Propaganda 1933–1945“ (belleville Verlag; München, 58 €), das er heute im Zeughauskino vorstellt. Dazu gibt es Aufnahmen von einem Erntedankfest 1934 und einem Reichsparteitag 1936. Sie zeigen, Propaganda verpflichtet Deutschland von seinen schönsten Seiten, idyllisch und vormodern.

Im Krieg haben Farbkameras auch Trümmer eingefangen, wobei diese Bilder unter Verschluss blieben. Nach der Kapitulation dann entwickelte sich der Trümmerfilm zum eigenen Genre. Er war stets schwarz-weiß, aus Kosten- und Geschmacksgründen. Aber optimistisch sein durfte er schon. Die Trümmer gehörten zum Alltag. Der auf volkstümliche Unterhaltung spezialisierte Hans Deppe nahm sich 1949 des Themas der verwahrlosten Waisenkinder an und traf einen Nerv: Die Kuckucks (Sonntag im Zeughauskino), eine Defa-Produktion, lockte fast fünf Millionen Zuschauer ins Kino.

Die Nachkriegsgeneration wollte das Leben schlicht zeigen. Eine Generation später hieß es, die Welt zu verändern. Nie wieder war das Kino so idealistisch wie in den 60er Jahren. Zu ihren wichtigsten Regisseuren gehörte der Brasilianer Glauber Rocha, der 1965 als Filmtheoretiker eine „Ästhetik des Hungers“ (1965) formuliert hatte. Mit Land in Trance schaffte er es 1967, mit erst 28 Jahren, in den Wettbewerb von Cannes (Freitag im Arsenal). Im Mittelpunkt steht ein Journalist und Poet – jemand, der zuerst hinsieht und dann verfremdet. Dokumentarische, agitatorische und opernhafte Passagen wechseln sich ab. Rocha spielt ausschweifend mit dem Medium, nur in einer Hinsicht nahm er die Hunger-Ästhetik wörtlich: Er drehte in Schwarz-Weiß.

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