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CITY Lights: Wir sind so unfrei

Letzte Woche hat der StadterleuchterKollege das Berliner Kinoprogramm bereits mit den Aktualitäten aus Japan und Nordafrika kurzgeschlossen. Dennoch hier noch ein Hinweis auf einen ungewöhnlich genauen und geduldigen filmischen Einblick in gegenwärtige ägyptische Verhältnisse: Emmanuelle Demoris’ fünfteiliger Doku-Zyklus Mafrouza mit Bewohnern eines Armenviertels von Alexandria ist eine außerordentliche Langzeitchronik, die im Arsenal noch bis Sonnabend läuft.

Letzte Woche hat der StadterleuchterKollege das Berliner Kinoprogramm bereits mit den Aktualitäten aus Japan und Nordafrika kurzgeschlossen. Dennoch hier noch ein Hinweis auf einen ungewöhnlich genauen und geduldigen filmischen Einblick in gegenwärtige ägyptische Verhältnisse: Emmanuelle Demoris’ fünfteiliger Doku-Zyklus Mafrouza mit Bewohnern eines Armenviertels von Alexandria ist eine außerordentliche Langzeitchronik, die im Arsenal noch bis Sonnabend läuft. Einen ungewöhnlichen Schritt macht angesichts der japanischen Katastrophe auch der Chinaclub in der Cranachstraße, der am Freitag statt des chinesischen Filmdoppels einen japanischen Film ins Programm hievt, und das ist angesichts des schwierigen chinesisch-japanischen Verhältnisses alles andere als selbstverständlich. Zu sehen ist mit Bakushu (1951) von Yasujiro Ozu ein familiärer Katastrophenfilm, der anhand des Ozu-üblichen Verheiratungsszenarios das Kältepotenzial einer Werteskala vorführt, die hierzulande derzeit mit Ehrfurcht bestaunt wird: Dabei ergänzen sich traditionelle japanische Tugenden wie soziale Anpassung und Aufopferung fatal mit den neuen Werten des amerikanisierten Wiederaufbaus, den Ozu mit dem nüchternen Blick in dunkle Bürohausschluchten dokumentiert.

Darin geht es auch um die Emanzipation der von Setsuko Hara verkörperten Heldin, die nach einigem Zaudern ihre eigene Lebensplanung gegen die Ambitionen der Familie durchsetzt. Ein echter Akt der Rebellion – ganz anders als jener der aufsässigen Jugendlichen, die eine im Umfeld der südkalifornischen Ölindustrie angesiedelte bizarre Vorform von Peter Fondas „Easy Rider“ bevölkern. In Roger Cormans The Wild Angels (1966) ist Fonda der böse Kopf einer Jungbiker-Truppe, auch Bruce Dern, Nancy Sinatra und Diane Ladd geben sich durchaus unsympathisch – und das nicht nur wegen der allgegenwärtigen Hakenkreuzsymbole. Freitagabend wird der mit ausladenden Partyszenen musikalisch eigensinnige Film im Regenbogenkino mit Livebegleitung der Berliner Elektroband Stratojets präsentiert.

Oszilliert „The Wild Angels“ im Grenzbereich zwischen Anbiederung und erhobenem Zeigefinger, so will Jacques Tatis Trafic (1971) die modernen Zeiten anprangern, wirkt heute aber selbst in seinen Massenstaus idyllisch. Immerhin lässt sich hier vorzüglich der Niedergang europäischen Autodesigns seit den 60er Jahren studieren. Eine Herzensangelegenheit Tatis war der nach dem finanziellen Debakel um „Playtime“ der Not geschuldete Film mit dem Revival von Monsieur Hulot nicht gerade. Trotzdem: Das Wiedersehen gibt’s am Freitag in den Tilsiter Lichtspielen, mit improvisiertem Liveton aus drei Instrumenten.

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