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„Cloud Atlas“: Bis zum Ende der Welt

Cloud Atlas gerät manchmal an die Grenze des Absurden oder unfreiwillig Komischen. Von „Kino zum Abgewöhnen“ bis zu „visonäres Meisterwerk“ reicht das Votum der Kritiker. Ein Blick hinter die Kulissen.

Von Jörg Wunder

Ein Handlungsbogen, der über ein halbes Jahrtausend geschlagen wird. Ein Konvolut von sechs komplex verschachtelten, sowohl inhaltlich wie personell miteinander verknüpften Geschichten. Ein wüstes Durcheinander der verschiedensten Filmgenres, von Historiendrama, Liebestragödie und Politthriller bis zu Altenheimkomödie, Science-Fiction- Dystopie und Endzeit-Spektakel. Eine Riege internationaler Stars, die mit zum Teil grotesker Maske in bis zu sechs Rollen auftreten, mal als Helden, mal als Schurken – bis auf den in jeder Episode zuverlässlich bösartigen Hugo Weaving. Eine „Botschaft“, die man gutwillig auf den Nenner „humanistische Parabel“ oder boshaft auf „Esoterik-Quark“ reduzieren könnte. Drei Stunden Laufzeit.

Es war absehbar, dass „Cloud Atlas“, die ambitionierte Verfilmung des gleichnamigen Romans von David Mitchell durch Tom Tykwer und die Wachowski-Geschwister („Matrix“), kontrovers diskutiert werden würde. Von „Kino zum Abgewöhnen“ bis zu „visonäres Meisterwerk“ reicht das Votum der Kritiker. Der schwache US-Start, wo der Film bislang weniger als ein Viertel seiner 100 Millionen Dollar Produktionskosten eingespielt hat, deutet darauf hin, dass hier vielleicht am anvisierten Massenpublikum vorbeigefilmt wurde.

Wie man sich „Cloud Atlas“ am besten ansieht? Idealerweise vergisst man alles, was man vorher gehört oder gelesen hat. Und staunt darüber, dass die nichtlineare Erzählstruktur vom Zuschauer zwar etwas Eingewöhnung und Aufmerksamkeit erfordert, ihn dafür aber in einen suggestiven Ereignis- und Bedeutungswirbel einsaugt, und das weitgehend ohne grobe Cliffhanger-Effekte.

Worum es geht? Irgendwie um das große Ganze, das die Welt zusammenhält – oder eben dem Verderben entgegentreibt. Um die widerstreitenden Mächte von Gut und Böse, Liebe und Hass, Gier und Großmut. Um reumütige Sklavenhalter, geniale Komponisten, tapfere Enthüllungsjournalistinnen, entmündigte Senioren, gegen ihr Schicksal aufbegehrende Klone und schließlich um den archaischen Überlebenskampf einer in die Barbarei zurückgefallenen Menschheit im 24. Jahrhundert.

Das alles – inklusive der schauspielerischen Leistungen – ist manchmal an der Grenze des Absurden oder unfreiwillig Komischen. Öfter aber ist dieses Wagnis von einem Film mitreißend, spannend, kurzweilig und, ja, visionär. Opulent.

D/USA/HK/SGP 2012, 172 Min., R: Andrew u. Lana Wachowski, Tom Tykwer, D: Tom Hanks, Halle Berry, Hugh Grant, Hugo Weaving

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