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Bibel-Trilogie: Schuld und Sühne

Ralf König teilt zum Abschluss seiner Bibeltrilogie noch einmal kräftig gegen Bigotterie und Selbstgerechtigkeit aus – treffsicher, unterhaltsam und mit einem sehr ernsten Anliegen.  

Er ist klein, vergrätzt, humorlos und hat keinen Sex. Wer wäre besser geeignet als der Missionar Paulus von Tarsus, um die Menschheit im Mittelmeerraum zu bekehren und vor allem den lebenslustigen Griechen von Schuld und Sühne zu predigen? Ralf König schickt den durch eine Vision vom Saulus zum Paulus, vom Christenverfolger zum christlichen Theologen gewordenen neutestamentarischen Apostel auf eine Mission, unter deren Spätfolgen nicht nur der Zeichner König bis heute zu leiden hat.

So schreibt es der Autor im Vorwort des dritten und letzten Bandes seiner Bibel-Trilogie, „Antityp“, mit Bezug auf den von Paulus geprägten schwulenfeindlichen Katechismus der Katholischen Kirche. Königs Auseinandersetzung mit dieser Figur ist eine weitere so treffsichere wie unterhaltsame Attacke gegen Bigotterie und religiös verbrämte Selbstgerechtigkeit – den „Wahnwitz der Religionen“, wie König es einmal nannte.

Wie es dazu kam, dass ausgerechnet ein engstirniger, lustfeindlicher Eiferer wie Paulus die christliche Weltsicht so nachhaltig prägen sollte, versucht König mit seiner in den beiden Vorgängern „Prototyp“ und „Archetyp“ bewährten Mischung aus subversiver Satire, intelligenter Neuinterpretation und historisch fundierten Versatzstücken zu ergründen – ohne allerdings wirklich eine nachvollziehbare Erklärung für den nachhaltigen Einfluss Paulus’ zu finden, der in manchen christlichen Konfessionen als Heiliger gilt.

Cholerisch, verbittert, von seiner Mission beseelt

König führt vor, wie sich Paulus zum Gespött seiner Zeit macht, weil er partout nicht akzeptieren will, dass jeder nach seiner Fasson und mit seinem eigenen Gottesverständnis glücklich werden will. Cholerisch, verbittert, doch von seiner Mission beseelt lässt König den alten Zausel im antiken Athen landen, wo ihm angesichts von Demokratie, philosophischer Offenheit und weit verbreiteter Knabenliebe ständig die Gesichtszüge entgleisen. In seiner Mission fühlt er sich dadurch allerdings nur bestärkt.

Unter allem Spott, mit dem König seine verkniffene Hauptfigur vorführt, wird dabei auch die Enttäuschung darüber deutlich, wie gerade so jemand sich zum moralisch rigiden Verkünder einer Glaubensrichtung aufschwingen konnte, die ohne ihn und seinesgleichen – so vermutet es zumindest Ralf König – toleranter, vielfältiger und lebensbejahender hätte ausfallen können.

Ralf König: Antityp, Rowohlt, 160 Seiten, 16,95 Euro, mehr unter diesem Link.

Weitere Tagesspiegel-Artikel von und über den Comicautor finden sich unter diesem Link - und hier kann man nachlesen, wie König den Tagesspiegel-Comicfragebogen ausgefüllt hat. Zu seiner Internetseite geht es hier. Zudem ist bei Männerschwarm kürzlich ein Buch über König erschienen.

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