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Der Hasen-Samurai ist zurück: Eine Seite aus "Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter".

© Dantes Stan Sakai

Comic-Serie „Usagi Yojimbo“: Der Weg des langohrigen Kriegers

Die Comicserie „Usagi Yojimbo“ läuft in den USA seit mehr als 30 Jahren – in Deutschland scheiterte sie zwei Mal. Jetzt gibt ein neuer Verlag dem tierischen Samurai eine weitere Chance.

Seit 1984 schildert Stan Sakai in „Usagi Yojimbo“ die fortlaufenden Abenteuer seines langohrigen Titelhelden Miyamoto Usagi, der als herrenloser Samurai durch das feudale Japan wandert und sich gelegentlich als Yojimbo (‚Bodyguard’) verdingt – meistens folgt er allerdings schlicht und ergreifend dem Weg des Kriegers und lässt sich wie ein Blatt im Wind vom Schicksal leiten.

Obwohl Sakais Welt von anthropomorphisierten Tierfiguren bevölkert ist und sogar von Monstern und Dämonen heimgesucht wird, bildet der 1953 im japanischen Kyoto geborene, auf Hawaii großgewordene und heute in Kalifornien lebende Sakai ein akkurat recherchiertes Japan des 17. Jahrhunderts ab. Dabei wechseln sich packende Schwertkämpfte in der Tradition des großen japanischen Filmemachers Akira Kurosawa und des Manga-Klassikers „Lone Wolf & Cub“ von Kazuo Koike und Gōseki Kojima mit ruhigen Momenten in der wundervollen Natur oder im Rahmen einer traditionellen Teezeremonie ab, deren kontemplative Schönheit mühelos an die Klasse des kürzlich verstorbenen Jiro Taniguchi heranreicht. Dazu kommt ein Protagonist und wahrer Held, der einem aufgrund seiner Mentalität als ehrvoller Krieger und seiner gewaltigen Integrität schnell ans Herz wächst, während er in zahlreiche Gefahren, Duelle, Überfälle und sogar politischen Intrigen stolpert. 

Manga trifft Entenhausen

Sakai, der die schwarz-weißen Geschichten in „Usagi Yojimbo“ ganz alleine schreibt, zeichnet, tuscht und lettert, ist ein meisterhafter Storyteller. Der zu runden Formen und Schraffuren neigende Künstler, der die Tradition des fernöstlichen Manga mit der westlichen Schule von Entenhausen-Altmeister Carl Barks kombiniert, hat allein schon wegen seines tierischen Personals unübersehbare Funny-Allüren. Das und die ruhigen Momente im historischen Alltag und in der unberührten Natur sind aber nur die eine Seite.

Zeitlos gut: Eine Seite aus "Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter".
Zeitlos gut: Eine Seite aus "Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter".

© Dantes Stan Sakai

In den Abenteuern des alles andere denn hasenfüßigen Schwertkämpfers, der Banditen, anderen Ronin, Ninja und vielem mehr gegenübertritt, wird ständig gekämpft, gemeuchelt und getötet, woraufhin die Gefallenen ihr Leben in einer letzten Sprechblase mit einem Totenschädel aushauchen. Außerdem verschwendet Sakai keinen einzigen Strich und keinem einzigen Buchstaben – bei ihm sitzen jede Geste, jeder Ausdruck, jede Bewegung, jeder Schwertstreich und jedes Wort. Durch seine handwerkliche Qualität macht der sympathische Sakai selbst die geradlinigste und vermeintlich simpelste Geschichte zu einem kleinen ökonomischen Meisterwerk des grafischen Erzählens.

Auch die Teenage Mutant Ninja Turtles mischen mit

In den USA erschien „Usagi Yojimbo“ bei mehreren Verlagen, und es gab sogar zwei Science-Fiction-Varianten des Stoffes sowie Comic-Crossover mit den Teenage Mutant Ninja Turtles, weshalb der Samurai-Hase gleich in mehreren Trickserien der Ninja-Schildkröten auftauchte. Zu Sakais Bewunderern zählen Will „The Spirit“ Eisner, Stan „Spider-Man“ Lee, Jeff „Bone“ Smith und viele andere Kollegen, die von der Arbeit des Stan Sakai schwärmen, der seit über drei Jahrzehnten eine starke Geschichte an die nächste reiht. In Deutschland konnte sich Usagi dennoch gleich zwei Mal nicht behaupten: Erst scheiterte der große Carlsen-Verlag (1996–1997), danach der kleinere Szene-Verlag Schwarzer Turm (2001–2010). Jetzt bringt der frisch ins Geschäft eingestiegene Kleinverleger Josua Dantes Stan Sakai und dessen Ronin zurück auf den deutschsprachigen Markt. 

Fortsetzung folgt: Dass Cover von "Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter".
Fortsetzung folgt: Dass Cover von "Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter".

© Dantes

Der erste in kleiner Auflage veröffentlichte Dantes-Band „Usagi Yojimbo: Die Klinge der Götter“ macht chronologisch genau da weiter, wo Schwarzer Turm vor Jahren die Veröffentlichung der US-Vorlage eingestellt hat. Neueinsteiger brauchen diese Info und die Bandnummer nicht weiter zu kümmern, schon gar nicht zu stören. Das abgedruckte Material aus den späten 80ern ist noch immer hervorragend und zeitlos gut. Die ersten Geschichten bei Dantes sind allemal dazu geeignet, damit sich jeder schnell in Usagis Welt zurechtfindet und einen Comic entdeckt, der seit mehr als einem Vierteljahrhundert zum dauerhaft Besten gehört, was die Kunstform hervorbringt.  

Stan Sakai: Usagi Yojimbo Bd. 5: Die Klinge der Götter, Dantes, 104 Seiten, 12 Euro. Usagi Yojimbo Bd. 6+7: Die Drachenschrei-Verschwörung, Dantes, 180 Seiten, 18 Euro

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