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© Illustration: Jamiri/Edition 52

Comicstrips: In großen Dosen tödlich

Egozentrischer Stubenhocker: Der Zeichner Jamiri lässt seit bald 20 Jahren die Leser an seinem Leben teilhaben. Das „Arsenicum Album“ versammelt seine jüngsten Werke.

Jamiri ist die Zusammensetzung aus den ersten Silben der Namen des Comiczeichners: Jan-Michael Richter. Seit Beginn seines Kommunikationsdesingsstudiums in Essen 1986 Lebt der gebürtige Ruhrpotter dort und verewigt sich in seinen Cartoonstrips, seiner bisher elf erschienen Werke, als egozentrischen, übergewichtigen, talentfreien, bierchentrinkenden, zigarettenrauchenden, notgeilen, stubenhockerischen Feingeist, der auf mehr oder weniger hohem Niveau die Banalitäten des Alltags auf die Schippe nimmt. Seine aktuellste Publikation heißt „Arsenicum Album“.

Der Leser wägt sich auf jeden Fall im Vorteil, wenn er einige seiner früheren Werke kennt, da so manche Pointe auf der Grundlage vorhergehender Alben aufbaut. Die meisten seiner Strips lassen sich jedoch auch ohne Vorkenntnisse genießen und erlauben dem Leser recht intime Einblicke in die Alltagsangelegenheiten eines Comiczeichners aus dem Ruhrgebiet. Wobei nicht alle seiner Arbeiten seinem Leben entlehnt sind. In einem Interview mit Splashcomics.de verrät er, dass seine Strips zwischen rein aus dem Leben gegriffenen und rein fantastischen Geschichten variieren.

Mal findet er sich im Gespräch mit dem Herrscher der dunklen Seite der Macht wieder, manchmal mit seiner Frau Beate, mit sich selbst oder anderen Nebendarstellern die meist etwas an seinem Lebensstil auszusetzen haben.

Gerade das ist es aber, was seine Arbeiten auszeichnet: Die kleinen Ecken, Kanten und Eigenheiten, die Jamiri greifbar und sympathisch machen und den Leser das ein oder andere Mal ihren eigenen Jamiri in sich spüren lassen.

Damit wird die Zielgruppe auch schon halbwegs festgelegt. Während Jamiri in seiner Anfangszeit für die Studentenzeitschrift „Unicum“ eher auf studierende Leser gemünzt war, so altert das Publikum mit dem Autor und liegt jetzt eher in den Regionen der Anfang-Vierziger. Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass auch 20-Jährige ihren Spaß an den am Computer entstandenen Bilderreihen haben können.

Seit 2002 benutzt Jamiri statt Papier, Markern und Acryl ein Zeichentablett für den Computer, das das Arbeiten auf der Grundlage von Fotos professionalisieren und gewisse Arbeitsschritte vereinfachen soll. Nichtsdestotrotz, darauf besteht Jamiri, nähmen ihm die digitalen Möglichkeiten nicht die Arbeit ab. Alle seine Bilder seien selbst gezeichnet und Koloriert.

Somit liegen die 13 Euro für eins seiner Werke noch im Rahmen und bieten ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Alle, denen das zu viel der Investition ist, können die meisten seiner Strips im Netz lesen, zum Beispiel bei Spiegel.de. Da stellt sich die Frage, warum kaufen und nicht einfach im Internet lesen? Abhängig vom Anspruch des Lesers, kann man beim Kauf zu allererst Jamiris Werke würdigen und dem Künstler einen Teil seines täglichen Brots finanzieren, was allein schon Grund genug ist, das Geld zu bezahlen. Nicht zu sprechen von der Lesequalität eines Printmediums, das einem die Bedeutung der künstlerischen Arbeit mit allen Sinnen würdigen lässt - und zwar nicht nur vor dem Bildschirm am Schreibtisch, sondern auch in der Küche, im Wohnzimmer oder auf der Toilette.

Letztgenannter Ort ist meiner Meinung nach genau der richtige Platz für das Album, bevor es ins eigene Comicregal umsiedeln kann. Aufgrund der Kurzweiligkeit der Geschichten kann man immer wieder mal einen Blick ins „Arsenicum Album“ werfen, ohne den Faden zu verlieren oder sich wieder einlesen zu müssen. Der begriff Arsenicum Album stammt übrigens aus der Homöopathie und ist ein Präparat, das sich besonders auf die Verdauungsorgane auswirkt und in großen Dosen tödlich sein kann. Also: Auf der Toilette und in kleinen Portionen kann man eine Menge Spaß haben mit diesem Album.

Jamiri: Arsenicum Album,
Edition 52, 48 Seiten, 13 Euro. Mehr auf der Website von Jamiri.

Ivo Joswig

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