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Bäumchen-Wechsel-Dich: Luke Evans als Andy und Gemma Arterton als Tamara in der Komödie "Immer Drama um Tamara" von Stephen Frears.

© Promo

Comicverfilmung: Am grünen Rand der Welt

Ungelenke Provinzposse oder beschwingende Unterhaltung? Die jetzt angelaufene Comicverfilmung „Immer Drama um Tamara“ teilt die Kritiker in zwei Lager.

Für Tagesspiegel-Feuilletonchefin Christiane Peitz ist Stephen Frears' Verfilmung von Posy Simmonds' Graphic Novel „Tamara Drewe“, die an diesem Donnerstag ins Kino kommt, nicht mehr als eine boulevardeske Landposse, die von schrillen Groschenromanfiguren bevölkert ist und bei der der Funke nicht zünden will - zu ihrer Rezension geht es hier. Andere Kritiker hingegen sind begeistert. Der Rezensent der Nachrichtenagentur dpa zum Beispiel, Peter Claus, zeigt sich angetan von der „wunderbar beschwingenden Komödie“. Seine Rezension geben wir hier wieder:

Der britische Star-Regisseur Stephen Frears gibt sich versöhnlich. Nach tiefsinnigen Satiren wie „Gefährliche Liebschaften“, „Die Queen“ und „Chérie“ überrascht er in der Komödie „Immer Drama um Tamara“ mit einer launig-luftigen Geschichte um Liebe, Sex und all den anderen Sachen, die einem das Leben manchmal schwer machen.

Der sofort mit wundervoll komponierten Bildern begeisternde Film blickt zunächst auf eine Welt, die es so kaum gibt: liebenswerte Menschen leben in einer wie gemalt wirkenden Traumlandschaft. Und alle mögen sich. Im Zentrum eines idyllischen Ortes in der englischen Grafschaft Dorset steht der Hof eines Krimiautors und seiner Frau. Die Beiden bieten dort Ruhe suchenden Schriftstellern eine Insel der Erholung.

In den ersten Szenen hauen die Einsiedler auf Zeit in diesem Paradies fröhlich in ihre Laptops. Doch die klappen sie bald vor Erstaunen zu. Denn im Nachbaranwesen, dessen Besitzerin gerade verstorben ist, zieht deren Tochter Tamara Drewe (Gemma Arterton) ein. Früher war sie weit und breit als das hässliche Entlein bekannt. Vom Chirurgen mit einer neuen Nase beglückt, und auch sonst überaus reizvoll ausgestattet, hat sie sich vorgenommen, allen Kerlen, die sie einst verschmäht haben, die Hölle heiß zu machen. Und das macht sie.

Die Story wurde erstmals von Thomas Hardy 1874 im Roman „Am grünen Rand der Welt“ erzählt. Davon ließ sich die Londoner Illustratorin und Autorin Posy Simmonds lose inspirieren und nutzte den Stoff vor einigen Jahren erst für eine Comic-Serie und dann für eine Graphic Novel in Buchform („Tamara Drewe“). Diese lockere, Humor getränkte Bearbeitung diente nun Stephen Frears als Vorlage.

In keinem seiner Filme zuvor hat Stephen Frears derart viel Situationskomik geboten. Auch war er noch nie so derb. Beispielsweise gibt es eine Szene, in der ein Mann ausgerechnet von der Toilette aus zum Zeugen des intimen Beisammenseins eines Paares wird. Bei einem Regisseur mit weniger Stilgefühl hätte das peinlich werden können. Bei Frears ist die Szene brüllend komisch und trotz aller Deutlichkeit nie geschmacklos.

Das Etikett „Graphic-Novel-Verfilmung“ stand bisher für Action. „Sin City“ oder „300“ sind einige bekannte der vergangenen Jahre. Frears hingegen bietet intelligenten Klamauk der höheren Art. Gemma Arterton, vor zwei Jahren im 007-Thriller „Ein Quantum Trost“ als Bond-Girl bekanntgeworden, darf in der Titelrolle geheimnisvoll, sexy und hintertrieben an. Das hat ihr augenscheinlich Spaß gemacht. Und dieser Spaß überträgt sich sofort auf das Publikum.

Die Story umfasst ungefähr den Zeitraum eines Jahres. Da gibt es jede Menge Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiele und andere verführerische Frivolitäten. Stephen Frears jongliert damit brillant. Wie bei jedem beeindruckenden Jongleur-Auftritt sieht es immer mal wieder so aus, als stünde eine Katastrophe bevor. Da hält das Publikum dann vor Schreck den Atem an. Doch der Schreck löst sich jedes Mal in einem breiten, befreienden Lachen voller Herzlichkeit. Genau das garantiert wunderbar beschwingende Unterhaltung.

Mehr zum Film unter www.immer-drama-um-tamara.de. Und die Tagesspiegel-Rezension des Buches, auf dem der Film basiert, steht hier.

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