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Comicverfilmung: Kampf der Bilder

Erfolgreiches Doppel: Der Science-Fiction-Thriller „Surrogates“ funktioniert als Film und als Comic. An diesem Donnerstag kommt er ins Kino.

Es ist etwas faul in Central Georgia Metropolis. Irgendetwas Grundsätzliches stimmt nicht. „Lebt!“, sagt der gesichtslose Killer, als er einem Pärchen in einer dunklen Seitenstraße ein paar Tausend Volt in die Körper jagt. „Lebt“, und nicht etwa „sterbt“. Trotzdem liegen der Mann und die Frau dann tot im Rinnstein.

So beginnt eines der bemerkenswertesten und erfolgreichsten US-Comicdebüts der vergangenen Jahre, das jetzt auch auf Deutsch vorliegt. Das von Brett Weldele in expressivem Stil gezeichnete Erstlingswerk des Autors Robert Venditti wurde nun von Jonathan Mostow („Terminator 3“) verfilmt. Bruce Willis spielt die Hauptrolle, am 21. Januar läuft der Film in Deutschland an.

Die Geschichte handelt von einer Zukunftswelt, in der die Menschen humanoide Roboter besitzen, die an ihrer Stelle Alltag und Affären bewältigen, während die Besitzer sich paranoid im sicheren Heim verschanzen. Doch dann beginnt ein Technoterrorist, die Roboter anzugreifen. Das ruft den im Film von Willis gespielten Polizisten Harvey Greer auf den Plan, der zunehmend an den vermeintlichen Segnungen der schönen neuen Welt zweifelt.

Der futuristische Thriller ist eine beeindruckende Parabel auf die Zwänge der Digitalwelt. Und er zeigt, dass die Medien Comic und Film einander bereichern können – wenn man beiden ihre Eigenständigkeit zugesteht.

Das ist in dem Genre nicht immer der Fall, was Autoren wie Alan Moore dazu brachte, jede Umsetzung ihrer Comics abzulehnen. Auch in letzter Zeit gab es manch ein Fiasko. Oft, weil der Film sich entweder nicht ausreichend von der Buchvorlage löste und versuchte, den Comic auf der Leinwand zu kopieren, wie zuletzt „Watchmen“, oder weil der Film in den Händen eines Regisseurs lag, der wie ein Comiczeichner denkt, aber als Filmemacher untauglich ist, wie zuletzt Frank Millers „Spirit“-Film.

„Surrogates“ geht einen anderen Weg, Film und Buch funktionieren jeweils für sich – und jeweils hervorragend. Das von Klassikern wie „Blade Runner“ inspirierte Buch besticht durch raue, oft schemenhafte Zeichnungen und durch eine beeindruckende Dichte und erzählerische Wucht. Weldeles kunstvolle Bilder, die neben oft nur angedeuteten Linien viel mit Farben, Strukturen und abstrakten Elementen arbeiten, lassen eine Verfilmung mit wackliger Handkamera erwarten.

Doch weit gefehlt: Der Film, den Regisseur Mostow auf der Grundlage von „Surrogates“ gedreht hat, ist durchgestylt, visuell wie dramaturgisch bestechend, aber lässt trotz seiner glatten Oberfläche viel Raum für die Entwicklung von interessanten Charakteren und für eine komplexe Handlung. Vielleicht ist das Doppel von Film und Buch hier auch deswegen gelungen, weil sich die Schöpfer des Comics völlig aus der Verfilmung herausgehalten haben, wie Zeichner Weldele im Interview sagt. „Ich will nicht, dass der Film so aussieht wie das, was ich gemacht habe. Das tut das Buch ja schon.“ Ein Film müsse sein eigenes Leben entwickeln. Auch Venditti, der das Buch neben seiner Arbeit als Lagerarbeiter beim Comicverlag Top Shelf schrieb, dachte nie daran, auf die Verfilmung einzuwirken. „Wir respektieren das Filmteam als talentierte Individuen, die keinen Babysitter brauchen.“

Robert Venditti & Brett Weldele: Surrogates, Cross Cult, 208 Seiten, 26 Euro.

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