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Comicverfilmung: Mit dem richtigen Spirit

Comic-Superstar Frank Miller gab kürzlich mit der Preview seines Filmprojekts „The Spirit“ in Berlin einen seltenen Einblick in seine Arbeit – und verriet dem Tagesspiegel, wieso Parallelen zu „Sin City“ kein Zufall sind.

Schwarzer Hut, schwarzes Hemd, sportliche Sneakers: Auf den ersten Blick sieht Frank Miller fast wie die Hauptfigur seines Filmes aus. Auch der „Spirit“, der von den Toten auferstandene Gangsterjäger und Frauenretter, trägt in Millers Film Schwarz plus Turnschuh.

Auf den zweiten Blick fällt an Miller jedoch etwas anderes auf, wie er da an diesem Tag im Halbdunkel in ein Berliner Kino geführt wird, in dem ihn ein paar Dutzend ausgewählte Journalisten begrüßen: Der große Meister des „Comic Noir“, der Schöpfer von „300“ und „Sin City“, der Wiederbeleber von Figuren wie Batman und Daredevil, wirkt überraschend alt, erschöpft und wenig dynamisch. Eine Betreuerin vom Filmverleih führt ihn vorsorglich am Arm die Treppe hinab, sein zauseliger, angegrauter Bart und die leicht gebückte Körperhaltung lassen ihn älter als die 51 Jahre aussehen, die er auf dem Buckel hat.

Dann die Verwandlung: Als Miller von seinem aktuellen Projekt zu sprechen beginnt und erste Filmausschnitte ankündigt, kehren plötzlich Kraft und Energie in ihn zurück. Mit jeder der sieben Szenen, die er für diese exklusive Voraufführung ausgewählt hat, wirkt Miller lebendiger, charismatischer und lässt die Mischung aus kindlicher Begeisterung und künstlerischer Hochachtung spüren, mit der er sich der Vorlage seines Idols und Freundes Will Eisner genähert hat.

„Als schaute Eisner mir über die Schulter“

„Ich habe viel mit ihm gearbeitet und mich mit ihm gestritten – und ein großer Teil dessen, was ich über Comics weiß, lernte ich von ihm“, fasst Miller die Jahre zusammen, die er mit Eisner bis zu dessen Tod Anfang 2005 verbrachte. Als er sich nach dem Tod des großen Vorbildes daran machte, Eisners „Spirit“-Comics aus den 1940er und 50er Jahren für einen Kinofilm zu verarbeiten, „war es die ganze Zeit so, als schaute er mir über die Schulter“.

Das Ergebnis ist allerdings, soweit sich das nach sieben kurzen Szenen bislang sagen lässt, dann doch mindestens genauso viel Miller wie Eisner: „The Spirit“ verbindet einen Retro-Look à la 1940 mit scharf kontrastierter, schlagkräftiger Ästhetik à la „Sin City“. Es scheint, als hab

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Der Chef. Frank Miller (links) bei den Arbeiten zu "The Spirit".

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e Miller mit dem „Spirit“ eine Art Fortsetzung seines Epos aus der Sündenstadt gedreht, das er vor drei Jahren gemeinsam mit Regisseur Robert Rodriguez auf die Leinwand gebracht hatte. „Er war mein Lehrer“, sagt Miller denn auch ganz offen, wenn er von Rodriguez berichtet und erklärt, wie die gemeinsame Arbeit an „Sin City“ auf „The Spirit“ abgefärbt hat.

Große Männer mit noch größeren Pistolen, kurvenreiche Frauen mit Schlagkraft

Neben dem für den Spirit typischen ironischen Tonfall hat sich Miller für seinen Film offenbar weitgehend auf jene Zutaten verlassen, mit denen er aus seinen eigenen Comics vertraut ist: Perfekt choreographierte Action- und Gewaltszenen, explizite – und über den zeitgemäß prüden Original-Spirit hinausgehende - sexuelle Andeutungen en masse, ästhetisch ansprechend präsentiert und in teils scherenschnitthaft anmutenden Bildern inszeniert, schlichte aber kraftvolle Dialoge, große Männer mit noch größeren Pistolen, kurvenreiche Frauen mit teils überraschender Schlagkraft.

„Ich will den Spirit als Kämpfer zeigen, der herausfindet, wer er ist und ins Leben zurückfindet – und als jemand, der gehörig was einstecken kann“, sagt Miller. Dann zeigt er eine erste Szene, in der seine Hauptfigur – gespielt von Gabriel Macht – als schwarzer Schatten über die Skyline einer imaginären an New York angelehnten Großstadt jagt, erkennbar neben der schwarzen Maske am flatternden roten Schlips.

Der Ton und die Optik sind düsterer, rauer als in der bunten Comicvorlage. Das kommt vor allem den Kampfszenen zugute, in die Miller nicht nur seine männliche Hauptfigur verwickelt, sondern mit Vorliebe auch seine Darstellerinnen. „Schauen Sie, wie gut Eva unter Wasser aussieht“, schwärmt Miller und leitet eine Szene ein, in der Eva Mendes als Juwelendiebin sich mit dem bösen Octopus (Samuel L. Jackson) Verfolgungsjagden und einen Kampf auf Leben und Tod unter Wasser liefert.

Eva Mendes brach sich alle zehn Fingernägel

Dass seine Darstellerinnen nicht nur schön, sondern auch im echten Leben verdammt hart sind, war eine der Erkenntnisse, die ihn besonders beeindruckt haben, sagt Miller: „Am Ende einer Szene hatte Eva Mendes blutige Hände unter ihren Handschuhen. Es stellte sich heraus: Sie hatte bei der Kampfszene alle zehn Fingernägel gebrochen und kein Wort gesagt, weil sie die Dreharbeiten nicht verzögern wollte.“

Noch begeisterter war Miller von Scarlett Johansson, die er im Film in der Rolle der Silken Floss mit Vorliebe in engen Krankenschwester-Kostümen mit Push-Up-Bra zeigt. Bei seinem ersten Treffen mit der Schauspielerin will Miller dann angeblich noch eine ganz andere Seite von ihr entdeckt haben: „Wir haben drei Stunden zusammen zu Mittag gegessen. Und während andere immer von ihrer Schönheit überwältigt sind, war ich vor allem mitgenommen davon, wie witzig sie sein kann.“

Seine erste Begegnung mit Eisners Schöpfung hatte Miller übrigens bereits mit 14 Jahren, Anfang der 1970er Jahre. „Damals ging ich in meinem Viertel von Laden zu Laden, um neue Comics zu finden. Da fiel mir ein „Spirit“-Heft in Schwarz-Weiß in die Hände. Ich dachte, das muss ein fantastisches neues Comic sein – aber es war aus den 40er Jahren! Wie konnte es sein, dass in diesen paar Jahrzehnten die Comics so viel schlechter geworden sind?“

„Ein zauberhafter Onkel, den jeder liebte – solange man ihn nicht wirklich kannte“

Als er in den 80er Jahren an der Neubelebung des „Daredevil“ arbeitete, kam Miller erstmals persönlich mit Eisner in Kontakt. „Er war ein zauberhafter Onkel, den jeder liebte – solange man ihn nicht wirklich kannte“, erinnert sich Miller lachend. Eisner las einige von Millers Comics – „und dann stritten wir uns die nächsten 25 Jahre“. Irgendwann fühlte sich ihre Beziehung an wie die eines alten Paares, sagt Miller – „aber er war und blieb der Champ“.

Dass der „Spirit“-Film ästhetisch mehr an „Sin City“ erinnert als an die Eisnersche Vorlage, begründet Miller damit, dass er eine zeitgenössische Übertragung anstrebte. „Ich wollte kein staubiges Denkmal für Eisner errichten, dann wäre er aus seinem Grab zurückgekehrt und hätte mich getötet.“ Stattdessen sei der Filme eine Art „Hochzeit von mir und Will Eisner“.

Filmstart 29. Januar 2009

Gruselig.

Samuel L. Jackson hat ebenfalls eine Rolle bekommen. Foto: promo

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