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Rüstige Rentner: Eine Seite aus dem besprochenen Album.

© Splitter

„Die alten Knacker“: Je oller, je doller

Große Lebensfragen und grotesker Humor: In Angoulême gewannen Wilfrid Lupano und Paul Cauuet mit „Die alten Knacker“ den Publikumspreis. Jetzt erscheint die Reihe auf Deutsch.

Diese alten Knacker sind die Pest: Beim Autofahren hupen sie die ganze Zeit, damit die anderen besser aufpassen. Bei einer Beerdigung ist die erste Frage, ob es hier auch Weiber gibt und dabei sind ihnen die schwabbelnden Tränensäcke und das schlaff hängende Wangenfett so drastisch ins Gesicht gezeichnet, dass man fortrennen möchte. Aber diese Beschreibung ist ungerecht, denn die Hauptfiguren der preisgekrönten und jetzt im Splitter-Verlag auf Deutsch startenden Comicreihe „Die alten Knacker“ sind drei Freunde, die sich schon seit ihrer Kindheit treu sind und die immer wieder gegen den neoliberalen Wahnsinn in der Welt kämpfen.

Da ist Antoine, der gerade seine Frau verloren hat, der sein ganzes Arbeitsleben in einer Pharmafabrik als aufrechter Gewerkschafter gegen Massenentlassungen und Lohndumping gekämpft hat – und der es zu einem ansehnlichen Landhaus gebracht hat. Pierre, der Anarchist in dem Kleeblatt, lebt dagegen in einer zugemüllten Dachgeschosswohnung. Einst hat er seine Interessen deutlich handfester vertreten und schon mal eine Maschine mit dem Vorschlaghammer zertrümmert, weil die ihn ersetzen sollte. Und dann ist da noch Mimile, der die Welt drei Mal mit einem Schiff umrundet hat und kaum noch aus seinem Sessel hochkommt.

Abrechnung in der Toskana

Drei Männer, die nie ihre Ideale verraten haben und heute noch einträchtig über die Felder ihrer Kindheit spazieren können. Oder spazieren sie eher selbstgefällig? Die Frage nach dem gerechten Leben ist nicht ganz so einfach zu beantworten, das macht Autor Wilfrid Lupano, der schon mit „Der Affe von Hartlepool“ eine feinsinnige Parabel über Rassismus vorgelegt hat, auch in „Die alten Knacker“ deutlich.

Spätestens dann, wenn die schwangere Nichte von Antoine eine Horde besorgter älterer Menschen anschreit, dass sie inkonsequent, rückschrittlich und bigott seien, weil sie Entwicklungsländer ausgehungert und die Ressourcen der Erde geopfert hätten. Zeichner Paul Cauuet steuert klare, hart konturierte Bilder bei, die den grotesken Humor der Geschichte wunderbar weitertreiben.

Fortsetzung folgt: Das Cover des besprochenen Albums.
Fortsetzung folgt: Das Cover des besprochenen Albums.

© Splitter

Dafür gab es gerade beim wichtigsten europäischen Comicfestival in Angoulême zu Jahresbeginn den Publikumspreis. Und sicher auch dafür, dass die Geschichte zum spannenden Roadmovie wird. Denn die Nichte macht sich mit den alten Knackern in die Toskana auf, zum senilen Chef der Pharmafirma, der offenbar ein Verhältnis mit der Frau von Antoine hatte. Und vielleicht ist am Ende der Chef der Gute und die alten Knacker sind einfach nur die Pest.

Wilfrid Lupano/Paul Cauuet: Die alten Knacker Bd. 1: Die übrig bleiben, Splitter-Verlag, 56 Seiten, 14,80 Euro. Band 2 mit dem Untertitel "Bonnie und Pierrot" soll im kommenden Februar erscheinen.

Andrea Heinze

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