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© Illustration: Guerra/Panini

Interview: „Schluss ist Schluss“

Dieser Tage erscheint der letzte Band von Brian K. Vaughans und Pia Guerras vielfach preisgekröntem Endzeit-Epos „Y – The Last Man“ auf Deutsch. Im Interview erzählt Autor Vaughan, was er von einer Fortsetzung hält

Herr Vaughan, die Serie „Y“ greift, wie viele Ihrer Bücher, aktuelle politische Themen auf. Kam Ihnen die Idee zu „Y“ vor oder nach dem 11. September 2001?

Die Idee hatte ich davor, aber sie änderte sich danach. Das erste Manuskript habe ich vor 9/11 fertig gehabt. Die erste Szene mit der Agentin 355 war in Afghanistan angesiedelt, wo es diese obskure Gruppe namens Taliban gab, die damals keiner kannte. In dieser Hinsicht änderte sich bei „Y“ manches nach dem 11. September. Auch, weil ich damals in New York war und wir alle miterlebten, wie Menschen auf ein so verheerendes Ereignis wie die Anschläge reagieren.

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Brian K. Vaughan, Jahrgang 1976, ist einer der wichtigsten US-Comicautoren der Gegenwart. Von ihm stammen Bücher wie "Y: The Last Man", "Ex Machina", "Runaways" und "Pride of Baghdad", außerdem schrieb er für die TV-Serie "Lost".

© Promo

Yorick, meine Hauptfigur, änderte sich in der Folge sehr. So machte sich ab dem 12. September eine Menge schwarzen Humors breit, von dem ich Yorick eine gehörige Portion mitgab. Diese Art, schwierige Situationen mit Witz zu meistern - das hat „Y“ davor bewahrt, ein verdrießliches Buch zu werden.

Die Figuren in Y und der Rahmen der Handlung haben sich im Verlauf der über Jahre hinweg monatlich veröffentlichten 60 Folgen erheblich verändert, bis hin zu Details wie dem Haar der Agentin 355, das sichtbar länger wurde. War von Anfang an geplant, die Geschichte als durchgehende Erzählung über fünf Jahre zu erzählen?

Vorab: Das mit dem Haar ist Pia Guerras Sache. Sie ist als Zeichnerin sehr zwanghaft, was die Darstellung solcher Details angeht. Aber die bereichern das Buch enorm. Was den Zeitverlauf angeht: Es gibt beim Vertigo-Verlag Autoren, die haben gegenüber einem monatlich erscheinenden Comic-Heft eine hochnäsige Einstellung und wollen, dass Du einfach darauf wartest, dass die Geschichte als Graphic Novel erscheint.

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Anfang vom Ende. Das Cover des ersten Bandes der Reihe.

© Panini

Aber ich liebe diese Dickens’sche Kunstform, das geschrieben Wort in Serienform. „Y“ ist die Geschichte des letzten Jungen auf Erden, der nach und nach zum letzten Mann auf Erden wird. Es geht um seine Entwicklung von einem 22-Jährigen zu einem 27-Jährigen. Das sind die wichtigsten fünf Jahre im Leben eines jungen Mannes – und die am wenigsten erkundeten. Deswegen wollte ich das in Echtzeit entwickeln.

Wussten Sie von Anfang an, wie alles endet?

Ja. Das letzte Wort auf dem letzten Panel auf der letzten Seite stand von Anfang an fest. Manchmal frage ich mich, ob ich heute ein besseres Ende hinbekommen würde als mir es als 25-Jähriger gelang. Aber ich schulde es irgendwie meinem jüngeren, dümmeren Alter-Ego, die Sache so zu beenden, wie er sie anfing.

Nachdem von Anfang an die ganze Story durchgeplant war – wünschten Sie manchmal, Sie hätten mehr Zeit gehabt, dieses Universum im Detail zu
erforschen?

Nein, denn wir hatten genug Spielraum in unserem Fahrplan, um ein wenig herumzuspielen. Ich hatte noch keinen Zeichner, als ich die Story beim Verlag vorschlug, deswegen wollte ich sichergehen, dass da genug Raum für ihren oder seinen Blickwinkel sein würde. So ist zum Beispiel die Episode “Safeword“ komplett Pias Idee gewesen. Sie erwähnte eher beiläufig, dass der perfekte Gegenspieler für den Entfesselungskünstler Yorick doch eine Fesselspiel-Domina sein müsste…

Gibt es einen Grund, wieso nicht mehr Serien von Anfang an so genau geplant sind wie „Y“?

Weil es verdammt nervig ist. Autoren sind nun mal faul. Wir spielen lieber Videospiele, statt zu schreiben. Aber ich wollte alles vorab umreißen, um zu beweisen, dass ich das kann. Und wieso nicht mehr Serien enden? Das ist eben der Markt. Superman und andere Geschichten werden immer die Illusion eines dritten Akts aufrechterhalten, ohne dass sie jemals wirklich enden können. Und die Simpsons sollten nach meiner Meinung niemals enden, sondern sich einfach mit ihrem Publikum zusammen entwickeln. Aber ich mag einfach Geschichten sehr gerne, die ein Ende haben. Deswegen schreibe ich sie auch so.

Sind weitere Geschichten im „Y“-Universum denkbar, nachdem die Serie jetzt zu Ende ist?

Der Vertigo-Verlag hätte das gerne, aber wir haben Nein gesagt. Keine Fortsetzungen, keine Unter- oder Nebenserien. Schluss ist Schluss.

Das Interview drucken wir mit freundlicher Genehmigung der sehr lesenswerten Website Bookslut nach, auf der sich Brian K. Vaughan auch zu seinen anderen Büchern äußert (Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: lvt). Die Serie „Y – The Last Man“ erscheint auf Deutsch im Panini-Verlag.

Liz Miller

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