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Verfolgungsjagden, Mordanschläge, Häuserbrände. Eine Seite aus dem besprochenen Band.

© Illustration: Pratt/Kult Editionen

Klassiker: Sturz aus den Wolken

Pünktlich zum 15. Todestag des Comiczeichners Hugo Pratt erscheint die Neuauflage des Corto-Maltese-Bandes „Venezianische Legende“ - eine der amüsantesten und kurzweiligsten Erzählungen der Reihe.

Es ist ein Geschichte vom Fallen. Sie beginnt mit einem Sturz und sie endet mit einem. „Venezianische Legende“ erzählt vom Stolpern in sein Schicksal, vom Fallen aus der Realität und vom Stürzen in den Tod. „Ich falle oft aus allen Wolken“, sagt Corto Maltese, als er zu Beginn der Erzählung durch das Dach einer Freimaurerloge bricht. Der Satz ist das Leitmotiv seines Lebens.

Hugo Pratts berühmteste Figur ist bekannt dafür, sich durch ihr Leben treiben zu lassen, laufen zu lassen, ein Beobachter zu sein im eigenen Film. So auch hier, dabei verfolgt Maltese dieses Mal sogar ein konkretes Ziel. Es ist das Jahr ist 1921 und er ist nach Vendig gekommen, um einen sagenumwobenen Smaragd, genannt das Schlüsselbein des Salomo, zu finden. Es ist bereits sein dritter Anlauf.

Gegen „Das Reich Mu“, den schwer esoterisch angehauchten und zuletzt neu aufgelegten Band der Reihe, ist „Venezianische Legende“ ein wahrer Action-Reißer: Schießereien, Verfolgungsjagden über Dächer, Mordanschläge, Häuserbrände, alles dabei. Natürlich ist auch diese Geschichte angereichert mit reichlich esoterischen Diskursen. Allerdings wurden die von Pratt in dieser Phase seines Schaffens noch sehr ironisch präsentiert: „Corto Maltese … oder auch Abracadabra mit Eia Popeia und Trallala“ so lauten die ersten Worte des Bandes.

Danach geht es wieder ordentlich durcheinander mit Realität und Fiktion. Auf seiner Suche nach dem Stein begegnet Corto Maltese dem Dichter und Mussolini-Förderer Gabriele d'Annunzio, einer verhuschten Gelehrten namens Hypatia und einem Rabbi names Melchisedech. Auch Rasputin erscheint kurz. Zu der Suche angestifftet wurde Corto von Baron Corvo, dem Künstlernamen des 1930 verstorbenen englischen Schriftstellers und Exzentrikers Frederick William Rolfe.

Temporeich und selbstironisch. Cover des Bandes.
Temporeich und selbstironisch. Cover des Bandes.

© Kult Editionen

Das klingt verschroben? Ja. Trotzdem ist die 1977 erstmals erschienen Geschichte eine der amüsantesten und kurzweiligsten der Reihe, weil temporeich und selbstironisch erzählt. Auch Pratts sichtliche Freude beim detaillierten Zeichnen der venezianischen Fassaden und Hinterhöfe, denen er im mit wunderschönen Aquarellzeichnungen versehenen Vorwort seine Liebe erklärt, steckt an. Selbst Jahre, nachdem der Schöpfer dieser Bilder verstarb und damit selbst aus dem Leben fiel. Im August ist das genau 15 Jahre her.

Hugo Pratt: Venezianische Legende, 128 Seiten, Hardcover, 25,95 Euro, Kult Editionen. Mehr über den Titel und Lesproben unter diesem Link.

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