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Männerphantasien: Ein Kunde stöbert in einem Mangaladen für Erwachsene in Tokio.

© dpa

Manga: Nicht jugendfrei

Die Manga-Metropole Tokio geht gegen extreme Sex-Comics vor - zumindest für jugendliche Leser sollen sie nicht mehr zugänglich sein.

Japan ist berühmt für seine Mangas genannten Comics. Nicht alle von ihnen sind harmlos: In manchen geht es zum Beispiel um extremen Sex, die Szenen reichen von Vergewaltigungen bis zum Inzest. Auch Kinder und Jugendliche unter 18 kommen ohne Probleme an solche Comics, egal wie bizarr sie sein mögen. Nun will die Stadtregierung von Tokio unter ihrem nationalistischen Gouverneur Shintaro Ishihara gegen den Verkauf von Mangas und Anime (Zeichentrickfilmen) mit extremen Sex-Darstellungen vorgehen. Das Parlament setzte am Mittwoch eine entsprechende Verordnung in Kraft.

Danach sollen Verleger dafür sorgen, dass Comics und Anime- Streifen, die Vergewaltigungen und andere Sex-Straftaten darstellen oder Sex zwischen Familienmitgliedern „übermäßig verherrlichen oder übertreiben“, nicht in die Hände von Unter-18-Jährigen gelangen. Autoren und Verleger verurteilten das Vorgehen als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit. Sie befürchten auch einen Verlust an Kreativität.

„Die existierenden Strafgesetze auf Handlungen in fiktionalen Werken auszuweiten und zu diskutieren, ob die gut oder schlecht sind, ist absoluter Blödsinn“, kritisierte der Rechtsanwalt Takashi Yamaguchi. Die Verleger kündigten an, aus Protest der Internationalen Anime-Messe 2011 in Tokio fernzubleiben. Elternverbände dagegen begrüßten den Schritt der Stadtregierung.

In ihrem Alltagsleben sind die Japaner vielen Zwängen ausgesetzt, umso freizügiger geht es häufig bei Sex-Fantasien zu. Ob in den Pornoabteilungen von Videotheken für Menschen über 18 oder im Videoangebot von Hotels - die Themen reichen von Vergewaltigungsszenen über unsittliches Grapschen in U-Bahnen bis hin zu Sex mit Frauen in Schulmädchenuniform.

Die unzähligen Fotos nackter Frauen oder Erotikgeschichten, die fester Teil der täglichen Klatschpresse sind, sind dagegen geradezu harmlos. In der männerdominierten Gesellschaft ist es auch nicht ungewöhnlich, wenn Geschäftsleute in der U-Bahn ungeniert in Sex-Mangas blättern. Das gängige Argument für die extremen Bildergeschichten lautet, dass ja alles nur gezeichnet ist.

Comics, die die Stadtoberen für besonders schädlich halten, werden nach der neuen Verordnung nun als „ungesunde Bücher“ eingestuft. Verleger dürfen solche Werke künftig nicht mehr an junge Menschen vertreiben. Bezog sich das Jugendverbot bislang auf Pornos mit echten Menschen, soll es nun auch für Comics und Zeichentrickfilme gelten.

Die Verordnung bezieht sich insbesondere auf „sexuelle oder pseudo-sexuelle Handlungen, die im realen Leben illegal wären“. Gleiches gilt für „sexuelle oder pseudosexuelle Handlungen zwischen engen Verwandten, deren Heirat illegal wäre“, hieß es darin weiter.

Zugleich aber ist ein Passus enthalten, wonach die Stadt zusichert, künstlerische und soziale Ausdrucksformen nicht zu behindern und die Verordnung vorsichtig anzuwenden. Rechtlich bindend ist dies allerdings nicht. Die Auflage an die Verleger, den Vertrieb umzustellen sowie den Verkauf „ungesunder Bücher“ einzustellen gilt ab 1. April beziehungsweise 1. Juli 2011. Details sind noch nicht festgelegt. (dpa)

Lars Nicolaysen, Tokio

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