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Göttlich: Ein Cartoon von König, der in der Ausstellung zu sehen ist.

© epd

Update

Ralf König: „Paul versus Paulus“: Pimmel und Propheten

Das Frankfurter Caricatura-Museum präsentiert den Comic-Künstler Ralf König. Der verrät in einem Interview, was er von Thomas Hitzlsperger gelernt hat.

Eine bunte Gruppe von Männern und Frauen mit Knollennasen hält Schilder hoch: „Wir lassen uns keinen Respekt vor Göttern aufzwingen!“, „Allah hat auch Humor geschaffen“, „Hoch die Presse- und Meinungsfreiheit!“, und der Demonstrationsleiter sagt: „Als versöhnliches Zeichen an unsere hier lebenden Muslime hat sich die Demo-Organisation entschlossen, Männer und Frauen getrennt protestieren zu lassen!“ Die gewaltsamen Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen 2006 haben auch den Comic-Künstler Ralf König (53) provoziert. Einige seiner Antworten sind ab Donnerstag im Caricatura-Museum in Frankfurt am Main zu sehen.

„Über dicke Pimmel regt sich heute keiner mehr auf“, sagt der in Köln lebende König. Nach dem Al-Kaida-Anschlag auf die USA vom 11. September 2001 und dem Streit um die Mohammed Karikaturen gelte vielmehr: „Religion ist das Tabu-Thema der Zeit.“ Der Comic-Künstler griff es auf. „Ich war erschrocken und wütend, dass man sich über Religion nicht lustig machen dürfe“, sagt er. Seine Cartoons über den Streit seien nicht gedruckt worden. In der Ausstellung „Paul versus Paulus“ in der Caricatura werden sie bis 3. August gezeigt.

Fundamentalismus komisch entlarven

König blieb nicht beim Islam stehen. Zwischen 2007 und 2010 setzte er sich mit der Bibel auseinander und erzählte die Geschichten über Adam, Noah und den Apostel Paulus in Zeichnungen und Reimen nach. Gott kommt dabei nicht gut weg als autoritärer Schöpfer, der Gehorsam fordert. Witz und Sarkasmus wechseln sich mit Nachdenklichem ab. So schwelgt der Künstler in der Aufzählung der Tiervielfalt auf der Arche Noah, um anzufügen: „Wer ist da kleinlich und betroffen, dass ringsherum die Welt ersoffen?“

Die Ausstellung präsentiert jedoch nicht nur Werke Königs aus dem vergangenen Jahrzehnt, sondern aus seiner gesamten Schaffenszeit. Der Titel „Paul versus Paulus“ benennt die beiden thematischen Schwerpunkte. Zum einen die Auseinandersetzung mit der Religion: „Kaum einer kann den Fundamentalismus so komisch entlarven wie König“, lobt der Leiter des Caricatura-Museums, Achim Frenz. Zum anderen sind es satirische Geschichten über den schwulen Alltag, wie die Beziehung zwischen Konrad und Paul. Der Künstler ist nach den Worten von Frenz ein Chronist des homosexuellen Alltags, der wirkmächtig gegen die Diskriminierung von Homosexuellen zeichnete.

Vom Frühwerk bis „Raumstation Sehnsucht“

Insgesamt präsentiert die Schau 329 Originalzeichnungen des „deutschen Meisters des Comics“, wie ihn Frenz nennt, dazu einzelne Gemälde, Drucke und Filmbeiträge. Als König 1979 seine ersten Comics veröffentlichte, betrat er Neuland: „Da war schwul alles, nur nicht lustig“, erinnert er sich. Doch der Tabu-Bruch verschaffte ihm schnell Aufmerksamkeit. Den Durchbruch aus der Homosexuellenszene hinaus zu einer breiten Leserschaft verschaffte ihm der Comic-Roman „Der bewegte Mann“ (1987), der Sönke Wortmann als Vorlage zu der gleichnamigen Filmkomödie diente.

„Deutscher Meister des Comics“: Ralf König mit einem Bild der Ausstellung.
„Deutscher Meister des Comics“: Ralf König mit einem Bild der Ausstellung.

© epd

Wo die Originalzeichnung des Filmplakats heute ist, weiß König nicht mehr. „Ich habe die Originale nach dem Druck nie wertgeschätzt und viele verschenkt“, bedauert er. Denn die Ausstellung der verbliebenen Originale in Frankfurt gefällt ihm, so weist er auf die plastischen Ränder der ausgeschnittenen und auf die kolorierten Zeichnungen geklebten Sprechblasen hin. König arbeitet noch mit Eddingstift, Buntstift, Schere und Klebstoff, nicht mit dem Computer.

In jüngster Zeit hat sich der vielfach ausgezeichnete Künstler, dessen Bücher in Millionenauflage erschienen sind, seines frühen Heldenpaares Konrad und Paul erinnert und schickt sie in die Zukunft. Einzelne Geschichten seines erst in diesem Monat erschienenen Bandes „Konrad und Paul - Raumstation Sehnsucht“ (eine Rezension folgt in Kürze auf den Tagesspiegel-Comicseiten) sind in der Ausstellung zu sehen. „Es ist eine Rückkehr zu meinen Wurzeln“, kommentiert König. Nun arbeitet er an der Fortsetzung in Gestalt eines Science-Fiction-Romans. „Das ist was Absurdes und hat nichts mit Politik und Religion zu tun“, sagt er.

„Als nächstes können Schwule noch auf den Fingern pfeifen!“

Zeitgleich zur Ausstellungseröffnung äußerte sich der Zeichner auch zum Coming-out von Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger. Das habe sogar bei ihm Klischees im Kopf beseitigt. „Das Coming-out von Hitzlsperger war klasse und hat selbst bei mir ein Vorurteil abgeräumt. Ich dachte auch ernsthaft, Schwule interessieren sich nicht wirklich für Fußball und spielen auch nicht, da bin ich halt ein Kind der 70er“, sagte König dem Schwulenmagazin „Männer“. Und fügte selbstironisch hinzu: „Als nächstes können Schwule noch auf den Fingern pfeifen!“

Insgesamt zeigte sich König in dem Interview zufrieden, dass heute auch „zunehmend ganz normale Männer“ im Fernsehen vorkommen, die eben schwul seien. Früher seien homosexuelle Männer oft „als irgendwie seltsame Tunten“ präsentiert worden. „Nichts gegen Tuntenkultur, aber diese Einseitigkeit und die Klischee-Reiterei geht mir auf die Nerven, weil ich das in meinem Umfeld überhaupt nicht wiederfinde.“ (epd, mit dpa)

Caricatura Museum Frankfurt, Weckmarkt 17, 60311 Frankfurt am Main, Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr, Montag geschlossen. Mehr online unter www.caricatura-museum.de

Jens Bayer-Gimm

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