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Facebook-Invasion. Auszug aus der Kurzgeschichte „Happy B-DAY!“, geschrieben von Lucy Fricke und gezeichnet von Thomas Gronle alias Legron.

© Illustration: Moga Mobo

Sammelband: Nie mehr allein 

Das aktuelle Heft des Berliner Comic-Trios Moga Mobo widmet sich spielerisch den Chancen und Risiken des Informationszeitalters. 

Was wäre, wenn die Kommunikationsrituale von sozialen Netzwerken wie Facebook vollends ins reale Leben Einzug hielten? Wenn Menschen plötzlich in jener merkwürdigen Mischung aus irrelevanten Statusmeldungen („Marc Müller ist jetzt ein Fan von Sommer“), banalen Plattitüden („Sonne in Berlin“ - „Sonne in Bielefeld“) und nur auf den ersten Blick persönlich wirkenden Botschaften („Stefan hat Dir ein Küken geschenkt“) miteinander redeten – und einander in der wirklichen Welt so entgegenkommend und zugleich so unverbindlich begegneten wie im Internet? 

Dieses Gedankenspiel ist der Ausgangspunkt des Comicstrips „Happy B-DAY!“, geschrieben von Lucy Fricke und gezeichnet von Thomas Gronle alias Legron. Auf fünf Seiten führen die beiden vor, wie verführerisch und zugleich doch sinnentleert die schöne neue Chat-Welt sein kann. Die Kurzgeschichte ist einer von 16 Beiträgen in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Moga Mobo“, die jetzt erschienen ist.

Irgendjemand schaut immer zu. Cover des aktuellen Moga-Mobo-Heftes.
Irgendjemand schaut immer zu. Cover des aktuellen Moga-Mobo-Heftes.

© Moga Mobo

Wie es bei dem Berliner Herausgeber-Trio gute Tradition ist, wird auch diese Ausgabe - mit der beachtlichen Seriennummer 106 - hauptsächlich gratis unters Volk gebracht, vor allem über Comic- und andere Szeneläden in Berlin und Stuttgart. Wer dort bislang kein Exemplar abgreifen konnte, kann es gegen eine geringe Zahlung auf der Website von Moga Mobo bestellen. 

Chatten mit Brad Pitt

Das Thema des aktuellen Comic-Readers, zu dem die Herausgeber Legron, Titus Ackermann und Jonas Greulich Beiträge aus der eigenen Produktion und von teils recht namhaften Freunden und Kollegen wie Michael Meier, Fabian Stoltz oder Leo Leowald zusammengetragen haben, ist unser zunehmend bedenklicher Umgang mit Daten und Privatsphäre. Der Titel des 68 Seiten starken DIN-A-5-Heftes lautet „Nacktscanner“ und vereint größtenteils sehr gelungene, mal kritische, mal spielerische Auseinandersetzungen mit den Segnungen und vor allem den Risiken des Informationszeitalters. 

Stilvollendet. Die Macher von Moga Mobo - Titus Ackermann, Jonas Greulich und Thomas Gronle (v.l.) - bei der Präsentation ihres neuen Werkes auf dem Comicsalon Erlangen - inkl. selbstgebauter Kontrollstelle.
Stilvollendet. Die Macher von Moga Mobo - Titus Ackermann, Jonas Greulich und Thomas Gronle (v.l.) - bei der Präsentation ihres neuen Werkes auf dem Comicsalon Erlangen - inkl. selbstgebauter Kontrollstelle.

© Lars von Törne

So spürt Titus Ackermann kritisch den Anfängen des Internets und seiner Entwicklung zur gigantischen Shopping- und Amüsierwelt nach, indem er durch pointierte Bild-Text-Kombinationen die historische Aufbruchsstimmung des Wilden Westens mit den Hoffnungen kontrastiert, die einst gegen Ende des 20. Jahrhunderts mit den neuen Technologien verbunden waren. Jonas Greulich reflektiert auf unterhaltsame Weise die Absurditäten der Chat-Kultur, die ihn angeblich einmal ganz nah an Brad Pitt heranführte. Leo Leowald steuert ein herrliches Gedankenspiel bei, in dem die himmlische Wiedervereinigung der Beatles als Parabel auf die schier grenzenlosen Möglichkeiten der virtuellen Welt fungiert. Und der New Yorker Zeichner Joe Alterio steuert eine komplexe, nachdenklich stimmende Episode zum Thema Überwachung des öffentlichen Lebens bei.  

Die Fokussierungen, Erzählformen und Zeichenstile dieser wie auch der übrigen Beiträge sind wie oft in den Heften von Moga Mobo breit gefächert, der Grundton der Erzählungen pendelt zwischen sachlich-kritisch und überdreht-fantastisch. Kurzum: Ein weiterer gelungener Beitrag der Comic-Missionare - und ein weiteres Indiz für das noch lange nicht ausgeschöpfte Potenzial des Mediums für die Auseinandersetzung mit aktuellen, gesellschaftlich relevanten Themen. 

Mehr auf dem Moga-Mobo-Blog oder hier.

Die bislang wohl größte verlegerische Leistung von Moga Mobo, der großartige Sammelband „100 Meisterwerke der Weltliteratur“, ist übrigens kürzlich wie berichtet bei Ehapa neu aufgelegt worden. Mehr dazu hier.

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