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Comics: Super Mann

Das wurde auch Zeit: Berlin hat einen eigenen Comic-Helden Die Abenteuer des „Turmspringers“ sind auf PC und Handy abspielbar

Die Berliner Polizei ist ja viel gewohnt, aber heute weiß sie nicht weiter. Ein Unbekannter hat sich im Dom verschanzt. Mit einer Mini-Atombombe am Körper. Das Teuflische daran: Die Bombe ist an die Herzfrequenz des Terroristen gekoppelt. Wenn jetzt gestürmt wird und der Mann unter Stress gerät, legt das Ding automatisch halb Berlin in Schutt und Asche. Die Einsatzleitung ist ratlos, kann nur weiträumig absperren und vorsorglich das Kanzleramt evakuieren.

Welch ein Glück, dass die Geschichte Fiktion ist. Und dass es einen Mann gibt, der es mit Attentäter und Atombombe aufnehmen kann: Konrat heißt er, Künstlername: „Turmspringer“. Er ist Berlins neuer Superheld, zum Leben erweckt von einer Multimedia-Firma mit Sitz in Friedrichshain.

Das erste Abenteuer des Turmspringers dauert 20 Minuten. Man kann es sich für sechs Euro aus dem Internet runterladen und dann direkt auf dem PC anschauen – oder von da aus aufs Handy oder den MP3-Player kopieren. Der Film besteht aus einzelnen, im Comicstil gehaltenen Illustrationen, dazu hört man die Stimmen der Charaktere und viel Musik. „Illustriertes Hörbuch“ nennen das die Macher. Auf Englisch: „Eye-Listen-Book“. Weil der Name so gut klingt, haben sie den gleich schützen lassen.

Wie jeder Superheld verfügt Konrat über sagenhafte Fähigkeiten. Seine Spezialität: Er ahnt, was Menschen um ihn herum denken, fühlen, wollen, planen. Konrat ist kein Hellseher, er besitzt nur unnatürlich viel Empathie. Er selbst drückt das in seinem ersten Abenteuer so aus: „Ich kann keine Gedanken lesen... aber fast!“

Der zweiten außergewöhnlichen Begabung verdankt Konrat seinen Superheldennamen: Als hart trainierender Turmspringer übersteht er Sprünge aus großen Höhen unverletzt. Mit diesen beiden Fähigkeiten ist es ihm ein Leichtes, den Terroristen im Berliner Dom zu überwältigen, sich die Atombombe zu schnappen und dann mit einem Sprung von der Domkuppel in die Spree unerkannt zu entkommen. Das gehört dazu: Wer besondere Kräfte besitzt, darf sich nicht zu erkennen geben, schon gar nicht gegenüber der Polizei. Alte Superheldenregel.

Gezeichnet wird der Turmspringer von Ezra Tsegaye. Der Berliner verfolgt schon lange das Treiben amerikanischer Superhelden wie Batman, Superman oder Daredevil. Und wollte unbedingt ein deutsches Pendant schaffen. Das Problem: Deutsche Heldengeschichten sind seit der Nazizeit nicht gerne gesehen, zumindest im eigenen Land. Diese Erfahrung mussten in den letzten Jahrzehnten einige Zeichner machen. Der Hamburger Matthias Schultheiss etwa hatte mit seiner Figur „Propellermann“ – eine Art Karlsson vom Dach im Kampf gegen das Böse – in den USA Erfolg, in Deutschland floppte er.

Jetzt ist die Zeit für einen Helden mit deutscher Herkunft gekommen, sagt Sebastian Kühne, der Autor der Geschichten. Vielleicht habe auch die WM dazu beigetragen. Kühne liest US-Superhelden-Geschichten erst seit den 90ern, er ist im Osten mit Mosaik-Comics und den Digedags aufgewachsen. Der Autor hat schon dutzende Folgen des Turmspringers in der Schublade. Er weiß genau, wie Konrat zu seinen Fähigkeiten kam. Und was mit der Atombombe passiert, die der Turmspringer in Folge eins dem Terroristen abknöpft.

Die nächsten Abenteuer soll man sich auf Wunsch auch direkt aufs Handy oder ein anderes Endgerät laden können, dafür suchen die Macher gerade Vertriebspartner. In der zweiten Episode deckt Superheld Konrat eine Verschwörung auf, natürlich mitten in Berlin. Muss der Arme jetzt, um seinem Namen gerecht zu werden, jedes Mal von einem anderen Gebäude herunterspringen? Und was kommt nach Funkturm, Fernsehturm und Sony-Center? Durch die Luft fliegen gehört definitiv dazu, sagt Kühne. Aber das tue man schließlich auch, wenn neben einem eine Bombe explodiert.

Der Turmspringer im Internet:

www.xf71.com

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