zum Hauptinhalt
Zeichnerisches Kontrastprogramm: Eine Seite aus dem besprochenen Band.

© Egmont Manga

„The Ghost in the Shell“: Kampf um die Köpfe

Der Manga „The Ghost in the Shell“ beeindruckt mit visionären Ideen und irritiert mit pornografischer Optik. Am Donnerstag kommt die Adaption mit Scarlett Johansson ins Kino.

Ein Hacker-Angriff gefährdet die staatliche Ordnung; Sicherheitsbehörden misstrauen der Regierung; Menschengruppen werden mit manipulierten Informationen gegeneinander aufgebracht: Klingt nach den täglichen Nachrichten aus Washington. Ist aber ein knapp 30 Jahre alter Science-Fiction-Plot, der jetzt neue Aktualität erfährt.

Ende der 1980er Jahre schuf der japanische Autor und Zeichner Masamune Shirow die Manga-Serie „The Ghost in the Shell“, die auch dank der daraus abgeleiteten, visuell bahnbrechenden Animationsfilme ein enormer internationaler Erfolg war. An diesem Donnerstag kommt eine auf dem Manga basierende Realverfilmung mit Scarlett Johansson in die Kinos.

Ein Super-Hacker namens „Puppet Master“

Stilistisch geht es im Manga, der kürzlich in Buchform gesammelt im Egmont-Verlag neu veröffentlicht wurde, zurück in die späten 1980er Jahre, in denen Schulterpolster und fluffig geföhnte Frisuren auch in Japan en vogue waren. Inhaltlich geht es in die nahe Zukunft, in der Kameradrohnen die Städte überwachen und Menschen durch künstliche Bauteile ergänzt werden.

Zeitreise. Major Motoko Kusanagi ist die Hauptfigur von „The Ghost in the Shell“.
Zeitreise. Major Motoko Kusanagi ist die Hauptfigur von „The Ghost in the Shell“.

© Egmont Manga

Major Motoko Kusanagi, die im Film von Scarlett Johansson gespielte Hauptfigur, ist so ein Cyborg mit übermenschlichen Fähigkeiten. Sie führt eine geheime Regierungseinheit im Kampf gegen Terroristen und Cyberkriminelle an und kann sich in virtuelle Systeme und die Gehirne anderer Lebewesen einschleusen – die titelgebenden Geister im oftmals gepanzerten Gehäuse.

Nach der erfolgreichen Aufklärung mehrerer kleinerer Fälle übernimmt Motoko Kusanagi den Kampf gegen einen Super-Hacker namens „Puppet Master“, in dessen Verlauf irgendwann alle Grenzen verschwimmen – die von Mensch und Maschine wie die von Freund und Feind.

Frauen sind meist knapp oder gar nicht bekleidet

Der Plot pendelt zwischen hektischer Action, die oft ohne viele Worte auskommt und durch dynamische Speedlines unterstrichen wird, und nachdenklicheren Szenen, in denen die Hauptfigur und in Form von Fußnoten auch der Autor über die moderne Welt, Hightech-Entwicklungen oder die Verletzlichkeit digitaler Strukturen sinnieren.

Körperbetont: Scarlett Johansson als Major Motoko Kusanagi im Film «Ghost in a Shell».
Körperbetont: Scarlett Johansson als Major Motoko Kusanagi im Film «Ghost in a Shell».

© Paramount Pictures / dpa

Seinen Reiz zieht der Manga neben seiner auch in der Rückschau immer noch visionär anmutenden Zukunftsbilder aus einem zeichnerischen Kontrastprogramm: Vor ausgefeilten, teils hyperrealistischen Kulissen agieren leicht karikierend und vereinfacht gezeichnete Figuren mit menschlichen Schwächen.

Dazu gibt es etliche erotisch ausgestaltete Szenen, in denen die Hauptfigur und andere weibliche Akteure in Lolita-Posen gezeichnet sind und knapp oder gar nicht bekleidet herumturnen, ohne dass dies inhaltlich nachvollziehbare Gründe hat. Vor allem die ab 2001 gezeichnete Fortsetzung wird davon zu ihrem eigenen Nachteil massiv dominiert. Es scheint, dass der Plot für den Autor an dieser Stelle nur noch eine nachgeordnete Bedeutung hatte. Die Trailer für die Kino-Adaption lassen vermuten, dass dies teilweise auch für den neuen Film gilt.

Neu aufgelegt: Das Cover des ersten Sammelbandes.
Neu aufgelegt: Das Cover des ersten Sammelbandes.

© Egmont Manga

Masamune Shirow: The Ghost in the Shell, Egmont Manga, Bd. 1: 352 Seiten, 25 Euro, Bd. 1,5: 184 S., 23 Euro, Bd. 2: 304 Seiten, 25 Euro

Einen Tagesspiegel-Artikel über den Siegeszug der Manga in Deutschland, der vor gut 25 Jahren begann, lesen Sie unter diesem Link.

Zur Startseite