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Die Methode, die Bilder mit unterschiedlichem Lichteinfall abzufotografieren, bevor sie ins Netz kommen, verleiht ihnen einen zusätzlichen Reiz.

© meta_bene

Webcomic meta_bene: Das Zen der Schnecken und Schaben

Wenn die Tiere philosophieren, hat man es entweder mit einer Fabel zu tun oder mit meta_bene: Jetzt gibt es einen ersten Sammelband des außergewöhnlichen Webcomics.

Was geht einem Vogel durch den Kopf, der auf einem Baum sitzt und scheinbar nichts tut? Vielleicht: „Altern ist die Zeitreise des kleinen Mannes“ oder „New York? Ich war oft genug in Hannover“? Möglicherweise war es eine Naturbeobachtung wie die oben genannte, die Robin Thiesmeyer, Jahrgang 1979, zu seinen philosophierenden Tieren inspirierte, die im Webcomic „meta_bene“ ihre absurd-genialen Gespräche und Monologe führen.

Dabei ist meta_bene, dessen erster Sammelband jetzt in gedruckter Fomr bei Fischer erschienen ist, fast nicht mehr als Comic zu bezeichnen: Panels gibt es nicht, lediglich Einzelbilder ohne Hintergründe oder sonstige Details, nur weiße Flächen, welche die Bühne für eine Reihe von Tierfiguren darstellen, die kaum mehr sind als schwarze Silhouetten. Schaben, Raben, Fische, Reiher, Schnecken, Hirsche und ein nachdenklich zum Himmel blickender Pinguin sind die Protagonisten, denen Thiesmeyer seine brillante Grübeleien in den Mund legt: „Die Mutter aller Schnapsideen: Mehr Schnaps.“, sinniert etwa eine auf dem Rücken liegende Schabe.

Von Twitter in die Tagesthemen

Der Texter, Autor und Grafiker, der heute in Berlin lebt, hatte mit Comics eigentlich nie viel am Hut. Entstanden ist meta_bene eher durch Zufall: „Die Tiere der Serie, insbesondere die Schaben, habe ich vorher in großen Schwärmen gezeichnet. Einfach so, ohne Text“, sagt Thiesmeyer. „Erst im Sommer 2013 kam ich auf die Idee, sie zu Individuen werden und sprechen zu lassen.“

Ein Freund riet ihm, die Zeichnungen auf Twitter zu posten; die Resonanz fiel positiv aus, über tausend Leser verfolgen die Serie mittlerweile. Sogar ins Fernsehen hat es meta_bene schon geschafft: Der Aphorismus „Wer das Zwitschern verbietet, kann den Frühling damit nicht verhindern“ aus einem seiner Comics wurde in den Tagesthemen als Netzkommentar zur Twitter-Sperre in der Türkei zitiert.

Auch wenn zwischen den mit wenigen Strichen angefertigten Tusche-Zeichnungen kaum Varianz herrscht, sind sie in ihrer nüchternen Eleganz großartig anzusehen. Die Methode, die Bilder mit unterschiedlichem Lichteinfall abzufotografieren, bevor sie ins Netz kommen, verleiht meta_bene einen zusätzlichen Reiz.

Den Geist leeren in der Metaebene

Vor allem aber passen die asketisch schlichten Zeichnungen hervorragend zum Grundton des Comics, der eine geradezu zen-buddhistischen Ruhe vermittelt. „Beschreibe einem Fisch den Regen“, sagt ein Reiher zum anderen.

„Ich fertige sie meist abends an, nachdem ich alle Arbeiten erledigt habe und den Tag abschließe“, sagt Thiesmeyer über die Entstehung der Bilder. „Einige sind aber auch kurze Epiphanien, die mich zwischendurch ereilen.“

Da Thiesmeyer an keine Comic-Vorbilder anschließt, ist es schwer, Vergleiche zu finden: Der lakonische Humor erinnert bisweilen an Nicolas Mahler oder die Peantus, doch eigentlich spielt das keine Rolle. Meta_bene ist ein völlig eigenständiger Kosmos. Und dieser liegt – natürlich – in der Metaebene, wie schon der Titel des Comics verrät: Das „gute Dazwischen“.

Robin Thiesmeyer / Meta Bene: Es gibt mehr Sterne als Idioten, Fischer, 96 Seiten, 14,99 Euro

Redaktioneller Hinweis: Der Artikel ist die leicht überarbeitete Version eines Textes, der zuerst am 30. Mai 2014 auf www.tagesspiegel.de/comics veröffentlicht wurde.

„Ich fertige sie meist abends an, nachdem ich alle Arbeiten erledigt habe und den Tag abschließe“, sagt Robin Thiesmeyer über die Entstehung seiner Bilder.
Kinder, Kinder: Bitte auf die Lupe zur Ansicht des kompletten Bildes klicken.

© meta_bene

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