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Unschlagbar. Der Wiener Zeichner Nicolas Mahler, der kürzlich unter anderem die Superhelden-Persiflage „Engelmann“ veröffentlicht hat, wurde als bester deutscher Comickünstler geehrt.

© Illustration: Mahler/Carlsen

Auszeichnungen: Zeichen der Zeit

Beim Comicsalon Erlangen, der Leistungsschau der grafischen Literatur, wurden am Wochenende die Max-und-Moritz-Preise für die besten Comics des Jahres verliehen. Dabei gab es einige Überraschungen.

Für Literaturkritiker Denis Scheck ist es ein „titanisches Werk“, das am Freitagabend beim Comicsalon Erlangen den Max-und-Moritz-Preis für den besten deutschsprachigen Comic erhielt. Das kolossale Lob von Scheck, zusammen mit Hella von Sinnen Moderator der feierlichen Preisverleihung, galt dem Buch „Alpha –Directions“ von Jens Harder – einer mit knappen Texten angereicherten Bildergeschichte, die nach ihrem Debüt in Frankreich vor eineinhalb Jahren erst vor wenigen Tagen auf Deutsch erschienen ist und nun gleich den wichtigsten Preis für deutschsprachige Comics abräumte. Konzeptionell und erzählerisch virtuos visualisiert der Berliner Zeicher in „Alpha“ die naturwissenschaftlichen Erklärungen der Entstehung unseres Planeten und kombiniert sie mit kulturgeschichtlichen und religiösen Exkursen. Mehr dazu unter diesem Link sowie hier.

Bei den übrigen Preisträgern wechselten sich alte Bekannte und erfrischende Neuentdeckungen ab. Den Preis für den besten Comicstrip erhielt Ralf König für seine zuerst in der F.A.Z. veröffentlichten und inzwischen als Bücher vorliegenden religionskritischen Serien „Prototyp“ und „Archetyp“. Es ist für König bereits der dritte Max-und-Moritz-Preis.

Ein herausragendes Beispiel für die Schaffenskraft von Grafikstudenten im Bereich Comics ist das an der Hochschule Ausgburg erscheinende Magazin „Strichnin“, das sequentielle Bildgeschichten von Nachwuchszeichnern vereint. Es wurde mit dem Preis für die beste studentische Comicpublikation ausgezeichnet.

Runde Sache. Max-und-Moritz-Preisträger Jens Harder hat die ersten 14 Milliarden Jahre der Erdgeschichte als Bilderzählung aufgearbeitet.
Runde Sache. Max-und-Moritz-Preisträger Jens Harder hat die ersten 14 Milliarden Jahre der Erdgeschichte als Bilderzählung aufgearbeitet.

© Illustration: Harder/Carlsen

Die Berliner Illustratorin und Grafikerin Nadia Budde bekam den Preis für den besten Comic für Kinder für ihre autobiografische Episodensammlung „Such dir was aus, aber beeil Dich“.

Den Preis für den besten internationalen Comic erhielt der französische Zeichner Winshluss für seine moderne Adaption des Kinderbuchklassikers „Pinocchio“, der nach Ansicht des Laudators Christian Gasser ein „atemloses und brillantes, oft geschmackloses und provokatives Abenteuer“ präsentiert.

Neu war in diesem Jahr der Publikumspreis, über den zuvor via Internet abgestimmt werden konnte. Hier landete die Berliner Zeichnerin Ulli Lust mit ihrer autobiographischen Erzählung „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“ auf dem ersten Platz. Ihr Buch hatte am Abend zuvor bereits den Preis für den besten Independent-Comic des Jahres bekommen, mehr dazu hier.

Der Spezialpreis der Jury ging an die neu aufgelegten Comic-Klassiker von Will Eisner, dem US-Zeichner, der als einer der Pioniere der literarischen Bilderzählung gilt. Für sein Lebenswerk wurde der Comic-Autor Pierre Christin mit einem Max-und-Moritz-Preis geehrt. Er hat mehr als 80 Alben und Bücher geschrieben, darunter viele mit gesellschaftskritischen Themen. Für Moderator Denis Scheck ist Christin „der Mann, der die Comics politisierte“.

Einen Preis ermittelte die aus Journalisten und anderen Comic-Experten bestehende Jury am Abend spontan durch eine Kampfabstimmung. Der Preis für den besten deutschen Comickünstler geht an den Wiener Zeichner Nicolas Mahler, der kürzlich unter anderem die minimalistisch-absurde Superhelden-Persiflage „Engelmann“ vorgelegt hat.

Eine weitere neue Auszeichnung trägt den Titel „Francomics“. Sie wird fortan an französische Comics vergeben, von denen sich eine aus Schülern bestehende Jury eine deutsche Übersetzung wünscht. Am Freitag wurde sie den Franzosen Sti und Pahé für ihr Buch „Dipoula“ verliehen, eine humoristische Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus.

Der Comicsalon Erlangen endet an diesem Sonntag, mehr unter diesem Link.

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