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Kultur: Da sehen wir schwarz

Ein

von Kai Müller

Colin Salmon soll der neue James Bond werden, heißt es. Er ist einer der renommiertesten englischen Kinoschauspieler, sieht super aus, hat exzellente Manieren, kann Smoking tragen und war bereits in drei 007Filmen an der Seite von Pierce Brosnan zu sehen. Da verwundert es nicht, dass er nach ersten Nominierungsgerüchten bei den britischen Buchmachern als Brosnan-Nachfolger hoch im Kurs steht. Einziges Problem: Colin Salmon ist schwarz.

Ein schwarzer James Bond? Geht das?

Natürlich ist das keine Frage von schwarz und weiß. Es gibt eine ganze Reihe supertoller Actionstars mit dunkler Hautfarbe. Doch sollte jetzt ein Einwandererkind zur Lichtgestalt des königlichen Geheimdienstes werden, fällt eine Bastion. Das hieße ja, dass jeder James Bond werden kann. Als würde James – „ach, James“ (Moneypenny) – nicht den Glauben an die Ewiggültigkeit der britisch-aristokratischen Werteordnung hoch halten. Das englische Heldenbewusstsein, dieses rührende Relikt des heroischen Zeitalters, läuft Gefahr, so aufgeklärt und tolerant zu werden, dass es des harten Edelmann-Niedermachers mit der „Lizenz zum Töten“ gar nicht mehr bedarf.

Wie kein anderer Heros der Filmgeschichte verkörpert 007 das altenglische Prinzip der soziokulturellen Hierarchie. Nicht nur ist er besser als alle Schurken, die als kindheitsgedemütigte Emporkömmlinge mit neurotischen Weltmachtfantasien durch die Welt laufen und das Unheil einer Technikbegeisterung demonstrieren, der ein gewisser nonchalanter Dünkel abhanden kommt. Bond ist vor allem schon immer da gewesen. Als Sprössling jener elitären Bildung, die der britischen Upperclass das Fechten ebenso vermittelt wie die Fuchsjagd, die Kleiderordnung (kein braunes Jackett zum Dinner) und die Jahrgangskunde (bei Weinen), ist Bonds Coolness von historisch unerschütterlicher Präsenz. Das macht ihn zur abendländischen Identifikationsfigur. In seiner Vorliebe für Martinis, Ferraris, Austin Martins und Kniestrümpfe sehen wir das alte Europa, das sich selbst parodiert. Es ist nicht angewiesen auf die Felix Leiters dieser Welt, die so gewöhnlich sind.

Es macht uns nichts aus, König Lear in Gestalt von sieben Frauen über die Bühne gehen zu sehen. Auch Hamlet darf ein furunkelübersäter Fettwanst sein. Solche Exzesse des Regietheaters ertragen wir. Aber es macht einfach keinen Sinn, James Bond in etwas zu verwandeln, was nicht mehr James Bond ist. Colin Salmon wäre viel zu real, um wahr zu sein.

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