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Kultur: Das Alte ehren, für das Neue eintreten

Was Sponsoring ist, wissen heute alle.Aber was ist Mäzenatentum?

Was Sponsoring ist, wissen heute alle.Aber was ist Mäzenatentum? Wer das wissen will, kann mit den drei Bänden klüger werden, die ein von dem Kunsthistoriker Thomas W.Gaehtgens sowie den Historikern Jürgen Kocka und Reinhard Rürup geleitetes Forschungsprojekt soeben vorgelegt hat.Er kann es aber auch begreifen, wenn er auf Günter Braun blickt, der das Unternehmen angestoßen hat, es finanziert und dem der erste Band als Festschrift gewidmet ist: zum 70.Geburtstag, den er heute begeht.Er begegnet einem Mann, den man bei vielen Anlässen in dieser Stadt treffen kann, vor allem bei kulturellen, fast immer mit seiner Frau Waltraut - unauffällig, unprätentiös, mit dem akkuraten Scheitel der 50er Jahre.Im Gespräch allerdings herrschen Bestimmtheit, Knappheit, auch die Möglichkeit der Strenge vor.Man würde auf einen Kaufmann schließen - und in der Tat war Braun bald zwanzig Jahre lang der Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer -, freilich einen, den man schon einmal in einem Thomas Mannschen Roman getroffen zu haben meint.Vielleicht stammt er auch eher von Fontane, aus dessen Reservoir eigener Köpfe, die das Alte ehren, aber recht eigentlich für das Neue eintreten? Es charakterisiert Braun, daß sich sein Mäzenatentum nicht zuletzt in der Förderung der Erforschung des Mäzenatentums äußert.Der Mann, der die Berliner Wirtschaft in einer wahrhaftig schwierigen Zeit mitsteuerte - ziemlich genau zwischen Berlin-Verträgen und Wiedervereinigung -, denkt überhaupt groß und programmatisch von dieser Aufgabe, wenn man so will: politisch.Mäzenatentum steht ihm für den Bürgersinn und die Bürgerlichkeit, die ein freiheitliches Gemeinwesen braucht.Der hohe Anspruch an die Gesellschaft ist das eine, das andere ungewöhnliche ist, daß Braun ihn zuerst an sich selbst stellt.Also veranstalteten er und seine Frau zwei Vortragsreihen über Mäzenatentum, 1992/93 und 1995.Also stiftete das Ehepaar eine Gastprofessur an der FU für Kunsthistoriker aus Ost- und Ostmitteleuropa, die mit Stipendienprogrammen für Studenten verbunden ist.Also betätigt es sich auf den verschiedensten Feldern fördernd, mitwirkend, anerkennend, immer diskret, selten überhaupt sichtbar - bei der Berlinischen Galerie wie der Unterstützung von Katalogen.Aber Brauns stecken auch dahinter, wenn ein Kinderbuch entsteht, das Kindern den Weg ins Museum öffnen soll, oder wenn ein Legespiel Interesse für die brandenburgischen Schlösser und Gärten weckt oder im Schloß Charlottenburg ein Museumsshop errichtet wird.Was Mäzenatentum heute ist, was Kunst und Kultur zum bürgerlichen Leben beitragen können, ist das Thema, das sie bewegt.Mehr als das: Günter und Waltraut Braun leben es vor. Rdh.

Mäzenatisches Handeln.Studien zur Kultur des Bürgersinns in der Gesellschaft, hrsg.von Th.W.Gaethgens und M.Schieder; Bürgerkultur und Mäzenatentum im 19.Jh., hrsg.von J.Kocka, M.Frey und A.Meyer, In guter Gesellschaft.Der Verein der Freunde der Nationalgalerie Berlin von 1929 bis heute, Fannei und Walz Verlag

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