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Doppeltes Spiel: Guylaine Hemmer (Luise) und Anna Trimper (Lotte) in der Kästner-Adaption des Atze Musiktheaters.

© Jörg Metzner

„Das doppelte Lottchen“ im Atze Musiktheater: Du Zimtkuh!

Erich Kästners Klassiker als Songspiel von heute: „Das doppelte Lottchen“ im Atze Musiktheater.

Na so was: Bei der Bühnenfassung von Erich Kästners „Das doppelte Lottchen“ im Atze Musiktheater sehen sich die Zwillinge ja überhaupt nicht ähnlich! Guylaine Hemmer überragt Anna Trimper glatt um Haupteslänge! Hinter der scheinbar widersinnigen Darstellerinnenauswahl steckt eine wirkungsvolle Idee: Der Größenunterschied ermöglicht den jungen Zuschauern ab sechs, Lotte und Luise auseinanderzuhalten, auch nachdem sie per Perückentausch die Identitäten gewechselt und ins Leben der jeweils anderen Schwester abgetaucht sind. Die Akteure auf der Bühne dagegen behaupten steif und fest, die zwei seien absolut identisch – was zu Extralachern im Saal führt.

Mit Witz und Verve schnurrt der Kinderbuchklassiker in der Fassung von Thomas Sutter, Göksen Güntel und Sinem Altan ab. Fünf Darsteller müssen im spärlich subventionierten Weddinger Jugendtheater genügen: Neben den halbierten Schwestern spielen Simone Witte, Natascha Petz und Moritz Ross sowohl die Kinder im Ferienlager als auch die Erwachsenen. Manchmal müssen die Musiker aushelfen. Das hat Drive, nicht nur wegen der heftig rotierenden Drehbühne und Live-Video-Einspielungen aus dem Off, sondern auch, weil dieses Atze-Ensemble extrem wendig und wandlungsfähig ist. Da wird getanzt, geturnt und in allen nur erdenklichen Stilen gesungen, da schießen die Dialekte durcheinander, da werden brachialkomisch Dirigenten parodiert und Möhren mit der Säge zerlegt.

Wie viele Atze-Stücke, ist auch dieses „Doppelte Lottchen“ kein melodisch geschmeidiges Kindermusical, sondern eher ein Songspiel nach Dreigroschenopernart – wobei die Gesangsnummern durch Nikolaus Herdieckerhoffs Cello, durch Akustikgitarre und Klavier stets einen intimen Liedermacherton behalten. Kästners von Generationen so geliebte Geschichte wird lediglich sanft modernisiert, es gibt Handys, im Landschulheim sind Jungs und in den Dialogen manches moderne Schimpfwort zulassen. Und beim Happy End wird dann sogar die von den Zwillingen zunächst als Zimtkuh geschmähte neue Freundin des Vaters in die wiedervereinigte Patchworkfamilie eingebunden.

Wieder am 3., 10., 17. und 31. Mai, immer 16 Uhr.

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