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Kultur: Das Ein-Mann-Universum - Exot in Hollywood

Das Password in die Traumfabrik bestand aus Kauderwelsch: "Ksai ksakim eledski chumbolum". Anthony Quinn muss diesen Nonsens-Satz ziemlich überzeugend gesprochen haben, als er sich 1936 bei Cecil B.

Das Password in die Traumfabrik bestand aus Kauderwelsch: "Ksai ksakim eledski chumbolum". Anthony Quinn muss diesen Nonsens-Satz ziemlich überzeugend gesprochen haben, als er sich 1936 bei Cecil B. DeMille für die Rolle eines Indianers in einem Western bewarb. "Was ist denn das?", wollte der Regisseur wissen. "Cheyenne", antwortete Quinn, "ich kann die Sprache fließend". Natürlich bekam er die Rolle. "Der Job brachte 75 Dollar pro Tag", erinnert sich Quinn in seinen 1996 erschienenen Erinnerungen "Ein-Mann-Tango", "das war eine unglaubliche Summe". Als Schauspieler konnte der im mexikanischen Chihuahua geborene Sohn eines Iren und einer Aztekin an einem Tag mehr verdienen als sonst in einem Monat. Nach Kalifornien ausgewandert war er, um Architekt zu werden, hatte aber nur Jobs als Schuhputzer, Zementmischer und Obstpflücker bekommen. Auf einen wie ihn schien Hollywood nur gewartet zu haben: Mit seiner falkenhaft vorspringenden Nase, den markanten Augenbrauen und seinem dunklen Teint wirkte Quinn wie die Inkarnation des Fremden schlechthin. In über 300 Filmen hat er immer wieder Indianer gespielt, aber auch Griechen, Russen, Italiener, Araber, Kubaner, Chinesen und sogar Hunnen. "Ich vertrete 65 Prozent aller amerikanischen Minderheiten", sagt Quinn über sich selber. Am Freitag wird er 85 Jahre alt.

Das Fremde, wie Hollywood es sich vorstellt, ist nicht nur verführerisch, sondern auch gefährlich. Anthony Quinn hat deshalb am Beginn seiner Karriere vor allem Schurken geben müssen: stoppelbärtige Chicanos, schlecht frisierte Gangster, Piraten mit entblößter Brust. Helden sahen damals anders aus - nämlich hellhäutiger -, und hießen Errol Flynn, Gary Cooper oder Gregory Peck. Quinns Wut darüber, immer nur die supporting acts spielen zu dürfen, war schließlich so groß, dass er bei den Dreharbeiten zu "Viva Zapata" (1952) dem Star Marlon Brando in seinen Großaufnahmen Zigarettenrauch vors Gesicht bließ. Die Darstellung des mexikanischen Revolutionärs Emiliano Zapata brachte ihm trotzdem seinen ersten Oscar ein, aber es war eben nur der Oscar für die beste Nebenrolle. Um die Hauptrollen zu bekommen, musste er nach Europa gehen. Als "Der große Zampano" in Fellinis "La Strada" (1954) wurde er weltberühmt, als "Alexis Sorbas", der sirtaki-tanzende Grieche (64), unsterblich. "Sorbas", sagt Quinn, "ist eines der hinreissendsten Kinder der Welt. Seine Botschaft ist, dass man verrückt sein muss, um in dieser Welt zu leben." Der Schauspieler, der vor einigen Jahren aus Kalifornien nach Italien übersiedelte, war immerhin so verrückt, mit 81 (!) noch einmal Vater zu werden. "Vor dem Tod", versichert er, "habe ich keine Angst". Einer, der auf Erden schon den Papst und den Propheten Mohammed gespielt hat, muss sich im Himmel vor nichts und niemanden fürchten.

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