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Kultur: Das Ende der Angst

Der irakische Dichter Khalid Al-Maaly über die Festnahme Saddam Husseins und die Zukunft seines Landes

Herr AlMaaly, vor 25 Jahren sind Sie vor Saddam Hussein ins Exil geflohen. Im Moment halten Sie sich gerade in den Arabischen Emiraten auf. Wie haben Sie von Saddam Husseins Ergreifung erfahren, und was haben Sie als Erstes getan?

Natürlich habe ich mich sehr gefreut. Am Sonntag habe ich nachmittags um zwei in Dubai zufällig das Fernsehen angeschaltet. Zuerst war ich unsicher, ob Saddam wirklich festgenommen wurde, denn man hört solche Nachrichten öfter. Aber dann häuften sich die Bestätigungen. Also habe ich als Erstes meine deutsche Frau angerufen, mit meinem Sohn gesprochen und mit meinem irakischen Schriftstellerfreund Hussain Al-Mozany in Köln geredet.

Sieht auch die Mehrheit des irakischen Volkes Saddams Verhaftung als Erfolg?

Die meisten Iraker haben ihrer Freude offen Ausdruck verliehen. Sie haben sich umarmt und geküsst, auch wenn ich einige wenige getroffen habe, die nicht erfreut waren. Das Ganze ist eine gute Nachricht für den Irak, und das Beste daran ist, dass man Saddam Hussein lebendig gefasst hat. Damit hat sich auch der Wunsch einiger Nationalisten erledigt, Saddam möge eine Legende bleiben.

Was verändert die Festnahme am Demokratisierungsprozess im Irak?

Ich glaube, dass die Menschen im Irak immer noch Angst hatten. Denn Saddam Hussein, das Symbol des Unrechtsregimes, hatte in der Vergangenheit allen Angriffen widerstanden. Die Menschen können jetzt endlich an ihre Zukunft glauben und beim Wiederaufbau des Irak helfen. Der 9. April, das offizielle Ende des amerikanischen Irak-Feldzugs, war ein schöner Tag. Aber der 14. Dezember war ein noch schönerer Tag.

Wo sollte der Prozess gegen Saddam Hussein stattfinden?

Er sollte vor einem irakischen Gericht im Irak stattfinden – möglichst mit internationalen Beobachtern. Und das Wichtigste ist, dass nicht nur Saddam Hussein, sondern auch seine Helfer angeklagt werden.

Werden wir in diesem Prozess Dinge erfahren, die wir noch nicht wissen?

Ich weiß nicht, ob wir Neues über Massenvernichtungswaffen erfahren. Ich weiß auch nicht, ob wir die Geschichte umschreiben müssen. Wir kennen die Massengräber, Saddam Husseins Giftgaseinsätze, seine Kriege. Ich will vor allem, dass wir die Tatsache begrüßen, von Saddam Hussein befreit zu sein. Der vergangene Sonntag ist für die Iraker nur vergleichbar mit dem Geschehen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich bin derart erleichert, das können Sie sich gar nicht vorstellen. 25 Jahre nach meiner Flucht aus dem Irak, den ich seither nicht mehr betreten habe, bin ich kurz vor der Einreise. In zwei, drei Tagen will ich von Dubai aus nach Basra fahren.

Sind Sie der Einzige, dem es so geht?

Es gibt vier Millionen Iraker im Ausland, von denen jeder seine eigene Geschichte hat. Unter ihnen gibt es sicher auch einige, die nicht zurückkehren wollen. Aber es gibt sehr viele, die davon träumen. Und wenn sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern, ist Exil nicht das letzte Wort. Aber für diese Entscheidung bleibt noch viel Zeit.

Die Fragen stellte Gregor Dotzauer.

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