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Kultur: Das ganz besondere Schimmern

BERLINALE-PARTYS Kurz nach dem Auftakt gab es schon erste Höhepunkte: Gala für Fassbinder und Peoples Night im Borchardt

Das Wunder ist geschehen. Zum ersten Mal hat Dieter Kosslick erlebt, dass ein Eröffnungsfilm mit einer stehenden Ovation gefeiert wurde. Besser kann eine Berlinale nicht beginnen. Es ist nachts um halb eins im „Bear’s Club“ unter dem Berlinale-Palast, und der Festivalchef plaudert vergnügt mit Jurymitgliedern und Schauspielern. Wenn die Eröffnung gut gelaufen ist, dann ist das Schwerste überstanden.

Diese erste Nacht ist ein brillanter Auftakt für das traditionell partyreichste Wochenende des Jahres mit der VW-Peoples-Night im Borchardt, der Eröffnung des Talent Campus und einer Champagnersause im Hotel de Rome, als denkbare Höhepunkte jenes Berlinale- Glimmerns, das dem Mythos von der vibrierenden, jungen Stadt noch mehr Leuchtkraft geben wird. Da passte es gut, dass am gestrigen Freitagabend im Admiralspalast eine ganz besondere Hommage an die Stadt gefeiert wurde: die Wiederaufführung von Rainer Werner Fassbinders „Berlin Alexanderplatz“. Zum 25. Todesjahr des Regisseurs wurde die Fernsehserie von 1980 aufwendig restauriert, die ersten zwei von insgesamt 13 Folgen sollten auf der Gala im Admiralspalast gezeigt werden. Und zwar Dank technischer Verbesserungen „endlich in dem Licht“, das dieses Werk verdiene, sagte Max Raabe. Der Berliner Musiker führte als Zeremonienmeister durch den Abend. Auf der Gästeliste standen viele Darsteller von damals, unter anderem Hanna Schygulla, Barbara Sukowa und natürlich Günter Lamprecht, der in „Berlin Alexanderplatz“ den Franz Biberkopf spielt. Auch Stefan Döblin hatte sich angesagt – der Enkel des Schriftstellers Alfred Döblin, dessen Roman Fassbinder verfilmte. Wer das Gesamtwerk sehen will, kann am morgigen Sonntag ab 10 Uhr in den weichen Sesseln der Volksbühne Platz nehmen. Da werden alle 13 Episoden hintereinanderweg gezeigt. „Das ist Berlinale-Rekord“, betonte Kulturstaatsminister Bernd Neumann bei seiner Festrede.

Es sind aber nicht nur die etablierten Stars, die die besondere Magie dieser Tage ausmachen. Das zeigte die Eröffnungsnacht besonders deutlich. Nach dem Triumph im Berlinale-Palast steht Edith-Piaf-Darstellerin Marion Cotillard mit den anderen Protagonisten am Buffet: Ätherisch schön, ganz nah und trotzdem unnahbar. Sie isst den Rote-Bete-Apfel-Salat von Sterne-Koch Tim Raue, die Kollegen greifen zum Lachs. Klaus Wowereit plaudert nebenan und hat seine ursprüngliche Sorge vergessen, dass bei einem französischen Film wieder alle schreiben, es kämen nicht genügend berühmte Stars nach Berlin. Ihm hat der Film „außerordentlich gut“ gefallen und die neuen Stars funkeln sowieso immer am hellsten. „Sie ist Piaf“, sagt der französische Botschafter Claude Martin ergriffen, und er muss es wissen. Bei dem dramatischen Konzert 1963, das in der Schlussszene gezeigt wird, war er als 19-jähriger Student dabei. „Sie war so winzig auf der Bühne“, erinnert er sich an die große Chansonnière. „Wir hatten keine Ahnung, dass sie ein paar Monate später sterben würde.“ Auch bei der Beerdigung war Claude Martin wie Hunderttausende dabei. Die Erinnerung ist lebendig geblieben: „Die Leute wissen heute gar nicht mehr, was sie bedeutet hat.“

Jetzt wissen sie es wieder. Im Stargedränge, zwischen Wim Wenders, Veronica Ferres und Mario Adorf spricht man darüber, ob ein Film sowohl dem Publikum wie auch den Kritikern gefallen kann. Und wie es kommt, dass der Film, obwohl er so bewegend ist, einen nicht unbedingt zum Weinen bringt.

„Es hat richtig Spaß gemacht“, beglückwünscht Jurymitglied Willem Dafoe derweil die Moderatorin Charlotte Roche zu ihrem Auftritt. „You were so cool.“ Am Anfang hätten die Nerven durchgehangen, lächelt sie charmant entspannt. Schließlich musste eine Menge improvisiert werden. Die Nacht ist schon fortgeschritten, und auf den roten Teppich vorm Berlinale-Palast fallen weiß die Schneeflocken. Trotzdem warten noch Autogrammjäger, und nicht vergeblich. Emanuelle Seigner in ihrem hautfarbenen, hinten geknöpften kurzen Cocktailkleid und Sylvie Testud in ärmellosem Weiß mit schwarzer Spitze geben auf dem Weg zu ihren Limousinen rasch noch ein paar Autogramme.

Beim Verlassen des Bärenclubs haben sie schon über die nächsten Dinner-Pläne gesprochen. Man trifft sich an wechselnden Orten. Für den Jury-Lunch des Regierenden Bürgermeisters hat sich das Rote Rathaus als Hit bei den internationalen Gästen erwiesen. Da kommen sie Sonntagmittag zusammen.

ERFÖFFNUNG

Bis in die Nacht wurde im Berlinale-Palast gefeiert, u.a. mit Iris Berben und Doris Dörrie.

BLUE HOUR

Die ARD lud gestern zu Mercedes am Potsdamer Platz ein. Erwartet wurde das TV-Business.

PEOPLES NIGHT

Für deutsche Filmgrößen wie Henry Hübchen und Hannelore Elsner ein Muss.

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