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Kultur: Das Geilste

„Wir waren niemals hier“: Doku über die Band Mutter

Sie sind mehr als eine Band, die vier Musiker von Mutter. Freunde? Ja auch. Aber vor allem: eine Schutzformation um Sänger und Texter Max Müller. Die schüttet ihre Musik wie einen Erdwall um die brüchigen Botschaften des Poeten auf. Undurchdringlich in seiner Brachialität. Rätselhaft in seiner spröden Einfachheit. Und gleichzeitig streben Müller, Gitarrist Frank Behnke, Kerl Fieser am Bass und Drummer Florian Koerner von Gustorf ständig auseinander in Antonia Ganz’ Bandporträt „Wir waren niemals hier“. Bis zu dem Punkt, da sich Behnke nach 17 Jahren verabschiedet – vor laufender Kamera im Stammlokal der Band. Keiner versucht, den Abtrünnigen umzustimmen. Man denkt: Was für ein Männerbund!

Seit 1985 sind sie gemeinsam unterwegs in ihrem manisch-verschatteten Mutter-Universum, das sehr ragend und sehr erfolglos in die deutsche Musiklandschaft hineinwirkt. So findet Regisseurin Antonia Ganz denn auch etliche Zeitzeugen für den verhinderten Durchbruch. Rocko Schamoni nennt Mutter eine „Geheimproduktionsstätte, die sich nicht darum schert, wie man das so machen muss“. Labelchef Alfred Hilsberg stöhnt, dass Mutter-Platten wie „schwere Steine“ seien, die er dann „zu den Leuten tragen muss, ohne sie zu erschlagen“. Und Jochen Distelmeyer weiß, „später werden die Leute sagen: Das hat kein Schwein wahrgenommen, das ist aber das Geilste gewesen“. Gerade zur Diskursvernarrtheit der „Hamburger Schule“ bildeten die Berliner ein wuchtiges Gegengewicht, indem sie mit härteren Mitteln einer noch größeren Verletzlichkeit Raum gaben.

Am wunderbarsten an diesem Dokumentarfilm ist allerdings, wie sich aus dem Bandgefüge allmählich und überraschend die Nebenkarrieren von vier Individualisten schälen, die sich als Bordellboten und Splatter-Schauspieler verdingt haben, bei David Lynch assistierten, Super-8-Filme drehten und Bundesfilmpreise einheimsten. Die Musik wird da zu einer Sache, an der sie um ihrer selbst willen festhalten. Stoisch.

In Berlin in den Kinos Central, Filmkunst 66, fsk sowie Neue Kant Kinos (Kantstr. 45), wo Mutter heute, 20 Uhr, selbst auftreten.

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