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Kultur: Das Gewicht der Sterne

KUNST

In Kasachstan, sagt Sergej Maslov, eine Vaterfigur der zeitgenössischen Kunst Zentralasiens, gebe es drei Arten von Künstlern: Zombies, Vampire und gewöhnliche Menschen. Die Gewöhnlichen – Handwerker und Frauen – führen die Volkskunst der Nomaden weiter. Die Zombies arbeiten inzwischen nach westlichen Vorbildern. Nur den Vampiren gelingt es, aus jahrtausendealter Kultur etwas Neues und Eigenes zu schaffen. Maslov selbst zählt sich zu den Vampiren.

Die Ausstellung Vom roten Stern zur blauen Kuppel (ifa-Galerie, Linienstraße 139/140, bis 30. 5., Katalog 9 €) zeigt solche traditionsgenährten Werke. Die Kuratoren Barbara Barsch und Philipp Meuser konzentrieren sich auf Künstler und Architekten, die noch an den Akademien von Moskau und Leningrad ausgebildet worden sind. Und die nun in Kasachstan, Turkmenistan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan, dem einstigen „sowjetischen Orient“, einen Neuanfang wagen. Ungewohnt dabei ihre Fabulierlust. Etwa bei Said Atabekov, dessen Videos schamanische Riten mit Symbolen der monotheistischen Weltreligionen und Popmusik verknüpfen. Für die unversöhnliche Seite der Re-Islamisierung steht Erbol Meldibekovs Serie traditionell bemalter Keramikteller: Klassische Ornamente umschließen bis auf die Zähne bewaffnete Gotteskrieger oder Kamele, die Raketenwerfer tragen. Zumindest dies ist nur bedingt eine Neuheit: Nikolai Sharskij entwarf in den Siebzigerjahren Wandmosaiken für die Plattenbauten von Taschkent. Nur schultern dort die Kamele noch geduldig das Versprechen von Bildung und Wohlstand.

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