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Kultur: Das Modell Deutschland lebt: Eine Bilanz der Übertragung des westdeutschen Tarifsystems

Das Modell Deutschland war bis 1990 geprägt durch Tarifautonomie, Flächentarifverträge sowie mitgliederstarke Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Genauer gesagt war es das Modell Westdeutschland.

Das Modell Deutschland war bis 1990 geprägt durch Tarifautonomie, Flächentarifverträge sowie mitgliederstarke Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Genauer gesagt war es das Modell Westdeutschland. War dieses System nun durch Wende und Wiedervereinigung gefährdet? Konnte es auch im Osten der Republik erfolgreich sein? Dieser Frage geht Wolfgang Schroeder nach. Über die letzten zehn Jahre hat er dazu die Beziehungen zwischen IG Metall und Arbeitgeberverband Gesamtmetall in Ostdeutschland genau verfolgt. Als unabdingbare Voraussetzung zum Verständnis der Nachwendezeit scheint dabei die detaillierte Beschreibung der Sozialpartner in Ost und West vor 1989 zu sein. Trotz zeitweilig zu akademischer Erzählweise führt der Autor dabei gekonnt ost- und westdeutsche Nachkriegs-Wirtschaftsgeschichte im bedeutungsvollen Jahr 1989 zusammen. Die Dynamik der institutionellen Entwicklungen ab dem Vereinigungsjahr 1990 entfaltet sich dann wie ein wirklich spannender Krimi. Die IG Metall riskiert viel, als sie ihr Ost-Pendant zurückweist und selbst völlig neue Strukturen im Osten aufbaut. Gesamtmetall dagegen arbeitet mit alten Kombinats-Chefs zusammen und erreicht deshalb zuerst einen hohen Organisationsgrad. Wegen der wenigen gut organisierten Großbetriebe, der vielen unorganisierten Kleinbetriebe und der stark regional differenzierten Industriestruktur ergeben sich jedoch bald vielschichtige Akzeptanzprobleme. Insbesondere nach Ende der Privatisierungsphase verlieren beide Organisationen Mitglieder und Bedeutung. Vielschichtige Themen wie Stufentarifvertrag oder Härtefallklausel beschreibt Schroeder in aller Sachlichkeit. Seine Neutralität trotz persönlicher Verbindungen zur IG Metall ist fast schon verblüffend. Eine Konsolidierung des Systems im Osten ist selbst nach zehn Jahren Einheit kaum zu beobachten. Der Osten scheint sozialpartnerschaftlich pluralisiert zu sein. Dennoch das Fazit des Autors: Ja, das Modell Deutschland lebt noch. Und der Osten hat sich ihm unterworfen.

csp

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