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Kultur: „Das MoMA ist in Berlin tief verwurzelt“ Glenn Lowry zum New Yorker Gastspiel in der Nationalgalerie

Unterschrieben ist noch nichts, aber es gibt einen Vorvertrag: Die Ausstellung mit Meisterwerken des New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) in Berlins Neuer Nationalgalerie im kommenden Jahr nimmt konkrete Formen an. „Ausstellung“ – nein, tatsächlich handelt es sich um eine befristete Übersiedlung, da doch das New Yorker Domizil wegen Komplettumbaus geschlossen ist.

Unterschrieben ist noch nichts, aber es gibt einen Vorvertrag: Die Ausstellung mit Meisterwerken des New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) in Berlins Neuer Nationalgalerie im kommenden Jahr nimmt konkrete Formen an. „Ausstellung“ – nein, tatsächlich handelt es sich um eine befristete Übersiedlung, da doch das New Yorker Domizil wegen Komplettumbaus geschlossen ist. So wird die Neue Nationalgalerie fast sieben Monate lang zwischen Frühjahr und Herbst das Ausweichquartier für 220 Meisterwerke aus der gewaltigen Sammlung des MoMA bieten. Die zurückliegenden beiden Tage weilte Glenn Lowry, der agile Direktor des New Yorker „Stammhauses“ der modernen Kunst, in Berlin. Am Dienstagabend hielt er eine launige Rede bei einem Abendessen der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, am Mittwoch morgen verriet er beim Eilfrühstück unter vier Augen weitere Einzelheiten dieses einmaligen Ausstellungsprojekts.

Das MoMA will sich 2004 mit einem Querschnitt seiner Kunstsammlung vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart präsentieren und, wie es das Museum seit seiner Gründung vor 73 Jahren in geradezu kanonischer Form tut, „die Geschichte der modernen Kunst“ vorführen. Doch soll es sich nicht um einen illustrierten Kunstgeschichtskurs handeln. Der Aspekt liegt auf „Meisterwerke“: „Wir haben eine feine Balance gefunden zwischen dem, was die Sammlung repräsentiert, und den Wünschen der Berliner Seite nach Schlüsselwerken“, sagt Lowry, die Nachfrage nach Picassos „Demoiselles d’Avignon“ geflissentlich überhörend. Was hierzulande als gut bekannt vorausgesetzt werden darf, wie die Malerei des Expressionismus, kommt eher kursorisch zum Zuge; was weniger bekannt ist, wie die amerikanische Kunst der New York School, dafür umso stärker. Einen Höhepunkt soll die – auf Berliner Wunsch zugesagte – Skulptur „Gebrochener Obelisk“ von Barnett Newman bilden, die erstmals ihr New Yorker Zuhause verlassen wird, um in der Nationalgalerie, die das Gemälde „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau“ zu ihren Schätzen zählt, den anderen, tragischen Aspekt von Newmans Werk zu demonstrieren. Von Jackson Pollock wird „Number One“ die Reise antreten. Zurückhaltung übt das Museum bei Andy Warhol, dessen Berliner Retrospektive noch in bester Erinnerung ist; und hinsichtlich der raumgreifenden zeitgenössischen Kunst wird noch um den Platz gerungen werden müssen. Lowry betont, dass eine Vielzahl der für Berlin vorgesehenen Werke selten oder nie das MoMA verlassen, ob Cézannes „Badende“, van Goghs „Sternennacht“ oder der „Tanz“ von Matisse. In Deutschland von besonderem Interesse wird der Gemäldezyklus „18. Oktober 1977“ von Gerhard Richter sein, eines der wichtigsten politischen Werke der Nachkriegskunst.

Die allfällige Frage nach den Kosten trifft bei dem seit sieben Jahren amtierenden MoMA-Direktor auf taube Ohren. „Wir haben die finanziellen Fragen erörtert“ – das ist alles. So bleiben die zehn Millionen Euro, die bereits seit Monaten geraunt werden, zumindest unwidersprochen. Dafür wird der Verein der Freunde der Nationalgalerie als Veranstalter des einmaligen und in der Tat sensationellen MoMA-Gastspiels gerade stehen müssen.

Glenn Lowry wird nicht müde zu betonen, wie „tief verwurzelt“ das MoMA mit Deutschland und besonders mit Berlin sei. Der legendäre Gründungsdirektor Alfred H. Barr war Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre mehrfach in Deutschland, „als Berlin eines der führenden intellektuellen Zentren der Welt war“. Und Barr war natürlich auch ein paar Tage am Bauhaus in Dessau, als dort Mies van der Rohe als Direktor wirkte. Mies ist der Architekt der Neuen Nationalgalerie. Seinen Nachlass hütet das MoMA. Die Mies-Ausstellung im letzten Jahr sei die umfangreichste Wanderausstellung gewesen, die das Haus je veranstaltet habe. „Und bedenken Sie“, sagt Lowry mit jenem Pathos, das Amerikanern stets zu Gebote steht, „die Ausstellung ,MoMA in Berlin‘ wird in diesen wundervoll ausgewogenen Räumen Mies van der Rohes zu sehen sein!“

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