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Kultur: Das Salzburger Risiko

Die Salzburger Festspiele im PersonalkarusselVON G.G.

Die Salzburger Festspiele im PersonalkarusselVON G.G.Die Salzburger Festspiele waren lange Zeit vor allem eins: ein Opern-de-Luxe-Festival.Mit Peter Stein hat dann eine Phase begonnen, die, ganz im Sinne des Festspielgründers Hugo von Hofmannsthal, dem Schauspiel wieder mehr Platz und mehr Rang einräumt.Jetzt, für den Sommer 1998, ist Ivan Nagel angetreten, dieses Programm fortzusetzen und auszubauen - und schon, wie man seit kurzem weiß, wird er auch wieder abtreten, zum Ende dieses Jahres.Gesundheitliche Gründe haben den 66jährigen, der sich nach einer Operation schonen muß, dazu bewogen, aber offenbar nicht sie allein. Wer im Salzburger Kulturbetrieb Verantwortung trägt, der muß noch etwas anderes, schwer Wägbares ertragen, den Streß der Anfeindungen: "Wo in Deutschland der höchste Intrigenpegel schon erreicht scheint", so Nagel, "da beginnt er in Österreich erst." Und wie so oft ist es das liebe Geld, das als Vorwand dient, um die ganze Richtung abzulehnen.Drohend steht da die Frage im Raum: Überzieht Nagel sein Budget, um außer klassischen Größen wie "Dantons Tod", "Troilus und Cressida" und dem obligatorischen "Jedermann" auch noch Elfriede Jelinek zu promovieren, diese notorische Nestbeschmutzerin? Nun gibt Nagel zu, daß sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Defizit abzeichnet, das Schauspieldefizit mache jedoch nur ein Drittel des gesamten Zwischendefizits der Festspiele aus.Ein Fehlbetrag, der bis zum Sommer abzuarbeiten sei - mit immerhin 60 Vorstellungen (bei Stein seien es nur 44 gewesen).Freilich, auch Nagel fragt sich, ob die Reduktion des Salzburger Festspielbudgets von 10 Millionen Mark im Vorjahr auf 5,5 Millionen in diesem Jahr tatsächlich zu halten sein wird.Wie dem auch sei, an seinem Jelinek-Doppelprogramm hält er fest, also an der Uraufführung "er nicht als er", einer Robert-Walser-Hommage, und an der "Reise durch Jelineks Kopf", einem 12-Stunden-Spektakulum, das am ersten Augustsonntag an vier Aufführungsstätten stattfinden soll.Und wenn er auch auf die Rückendeckung durch den Festspielintendanten Gerard Mortier bauen kann, so ist er doch nicht bereit, über sein Vertragsende zum 31.Dezember 1998 hinaus in irgendeiner Funktion für Salzburg länger tätig zu sein - auch nicht "beratend", wie die Festspiele noch mitgeteilt hatten. Damit stellt sich eine Personalfrage, die nicht nur Nagel betrifft oder Mortier, der die Vermutung, er wolle selbst zusätzlich zum Opern- auch den Schauspielbereich übernehmen, vehement abstreitet, vielmehr die Theaterwelt insgesamt.Es geht darum, ob dieses Festival das Interesse, das es für die Schauspielkunst neuerdings hat gewinnen können, zu bewahren vermag, und dies nicht nur mit Hochglanzklassik, sondern auch mit dem Mut zum Neuen, zum Risiko - die Gefahr des Fiaskos inbegriffen.

G.G.

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