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In David Klass' Schach-Thriller wird das Spiel zum Symbol einer martialischen Welt.

© Freies Geistesleben

David Klass: "Siegen kann tödlich sein": Wut und Wärme

Der Schach-Thriller „Siegen kann tödlich sein“ ist eine Vater-Sohn-Geschichte, die sich als Thriller tarnt.

Schach ist Krieg. Manchmal jedenfalls. Dann kommt es darauf an, den Gegner zu zermalmen, ihn „wie eine Scheibe Toast zu zerbröseln“. Die Figuren auf dem Brett formieren sich zur Schlachtordnung, doch mitunter findet die Schlacht außerhalb des Spielfelds statt. Bei einem Turnier in Texas hat ein Ölmilliardär dreißigtausend Dollar für den ersten Platz ausgesetzt. Als ein Spieler im Finale seinem Gegner damit droht, ihn umzubringen, wird er disqualifiziert. Aber er hechtet über den Tisch, beginnt den Gegner zu würgen. „Sein Nacken war ganz verdreht – noch ein paar Sekunden und er hätte ihm den Hals gebrochen.“

So endet die Karriere von Morris Pratzer, der schon als Teenager zum Großmeister aufgestiegen war und der nächste Bobby Fischer hätte werden können. Wahnsinnig genug war er. Aber je mehr Siege er sammelte, desto größer wurde seine Angst, sich „aufzulösen“.

Dreißig Jahre später ist sein Sohn Daniel ein nicht ganz so guter Schachspieler. Die Teamgefährten aus seinem Schachklub nennen den Neuntklässler „Patzer-Arsch“. Gemeint ist damit ein Anfänger, „der gerade einmal weiß, wie die Figuren sich bewegen und deshalb problemlos geschlagen werden kann“. Keine Angst, das wird nicht so bleiben. Daniel hat das Sieger-Gen vom Vater geerbt. Allerdings weiß der Sohn nicht, dass sein Vater einmal ein legendärer Spieler war. Morris Pratzer zog es vor, eine unauffällige Existenz als Steuerberater und Oberhaupt einer vierköpfigen Familie irgendwo in New Jersey zu führen. Nur so konnte er überleben.

„Siegen kann tödlich sein“ von David Klass ist eine Vater-Sohn-Geschichte, die sich als Thriller tarnt. Schachspiele schildert Klass als tödliche Duelle. Sie sind kein „zeitlich begrenzter Logiktest“, wie Daniel glaubt, sondern eine Form von Vernichtung, „wenn du eine Figur schlägst, tötest du sie“, wie Morris weiß. Vater und Sohn müssen erst einmal einander richtig kennenlernen, um sich näherkommen zu können. Das tun sie bei einem Vater-Sohn-Turnier in New York, zu dem Daniel eingeladen wird. Für den Vater ist es die Rückkehr in eine verminte Vergangenheit, eine traumatisierte Zone. Aber natürlich will er gewinnen. Unbedingt.

David Klass hat Drehbücher für Hollywood-Krimis wie „… denn zum Küssen sind sie da“ oder „Desperate Measures“ geschrieben. Das merkt man seinem geradlinig erzählten Schach-Roman an. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn pendelt permanent zwischen Wut und Wärme, Nebenfiguren sind komisch, böse oder verführerisch, die Handlung steuert auf einen Showdown zu. Das Schachspiel wird zum Symbol einer martialischen Welt. Niederlagen können Siege sein.

– David Klass: Siegen kann tödlich sein. Roman. Aus dem Englischen von Dieter Fuchs. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2015. 232 Seiten, 17,90 Euro. Ab 13 Jahren.

Weitere Rezensionen finden Sie auf unserer Themenseite.

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