zum Hauptinhalt

Debatte: Einheitsdenkmal: Offene Türen

Wo bitte geht’s zum Einheitsdenkmal? Ein Berliner Podium mit Künstlern und Architekten.

Das Humboldt-Forum im Berliner Schloss erregt die Gemüter; die Debatte darüber braucht keiner zu forcieren. Beim vis-à-vis geplanten Einheitsdenkmal ist das anders: Der Wettbewerb, den die 19-köpfige Jury für gescheitert erklärte, der Standort, das überfrachtete Thema (friedliche Revolution in Leipzig und Berlin sowie sämtliche deutsche Freiheitsbewegungen) – über all das wird in der breiten Öffentlichkeit kaum diskutiert. Die 532 im Mai vorgestellten Entwürfe lockten weit weniger Besucher ins Kronprinzenpalais als die Präsentation des Schlosswettbewerbs wenige Monate zuvor. 20 Jahre Mauerfall? Nach diesem Denkmal schreien die Bürger – noch – nicht.

Bei dem vom Deutschen Künstlerbund initiierten Podium am Montagabend in Mitte blieben die Betroffenen – Vertreter der Kunst- und Architekturverbände – jedenfalls unter sich. „... und jetzt?“, so der Titel des Abends. Der Bundestags-Kulturausschuss gab Anfang Juli die Antwort: Es wird eine neue Ausschreibung geben, mit abgespeckten Vorgaben, dazu einen Einladungswettbewerb mit Bewerberverfahren. Das heißt: Auch Teilnehmer des ersten Wettbewerbs können sich um eine Einladung bewerben – nicht mit Entwürfen, der gute Name genügt. Und einige werden explizit dazu aufgefordert werden.

Was genau soll die zweite Ausschreibung beinhalten? Welche historische Dimension verliert man, wenn „nur“ die Helden der friedlichen Revolution gewürdigt werden sollen – wofür Denkmalsinitiator Florian Mausbach mit Verve und guten Argumenten plädiert? Und tut’s bitte auch eine kleinere, mit etwas weniger Politikern besetzte Jury? Statt sich über die aktuellen Fragen auseinanderzusetzen, erging sich das Podium jedoch lieber in retrospektiven Betrachtungen des Wettbewerbsdebakels vom Mai.

Nachdem Mausbach, der kürzlich verabschiedete Präsident des federführenden Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, noch einmal das revolutionshistorische Potenzial des Schloßplatzes (1848! 1918! 1989!) am Ende der Geschichtsmeile Unter den Linden beschworen hat, monieren die Verbandsvertreter die Kürze der Zeit, bei der Vorbereitung wie bei der Sichtung der Jury. Arno Sighart Schmid (Bundesarchitektenkammer) und Michael Frielinghaus (Bund Deutscher Architekten) klagen über mangelnde Fairness beim Wettbewerbsabbruch. „Wenn ich“, so Frielinghaus, „während des Spiels die Spielregeln ändere, muss ich allen Teilnehmern die Möglichkeit geben, nach den veränderten Regeln weiterzuspielen.“ Michael Braum, der für die Bundesstiftung Baukultur in der Jury saß, gesteht wiederum, dass die Juroren „ein ungutes Gefühl ob der Qualität der gesamten Entwürfe“ hatten.

Werner Schaub, Vorsitzender des Bundesverbands Bildender Künstler, hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann für die zweite Wettbewerbsrunde beraten, er ist recht stolz auf das Ergebnis. Und sein Künstlerkollege Jo Schöpfer plädiert für größtmögliche Offenheit im weiteren Verfahren – vor allem für die geprellten Teilnehmer des ersten Wettbewerbs.

Seltsam nur, wie schlecht informiert man sich über den Stand der Dinge zeigt und ständig offene Türen einrennt, Moderator Manfred Eichel eingeschlossen. Auch das Publikum ereifert sich über den vermeintlich klammheimlich eingefädelten neuen Wettbewerb, als sei der Kulturausschuss eine Geheimloge und kein demokratisches Gremium. Noch seltsamer, dass ausgerechnet die Architekten nicht wissen, ob der von ihnen bevorzugte Standort im Regierungsviertel nun in Ost- oder West-Berlin liegt. Florian Mausbach hat recht: Ein Einheitsdenkmal im Westen wäre absurd. Aus der DDR, dem Land der friedlichen Revolution, stammte keiner der Debattanten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false