zum Hauptinhalt

Kultur: Der Ausbrecher

Conor Oberst rockt mit den Bright Eyes im Lido

„I’m still angry with no reason to be“, singt Bright-Eyes-Chef Conor Oberst in „Shell Games“, einem der besten Songs des siebten und jüngsten Bright-Eyes-Album „The People’s Key“. Schwierig zu sagen, ob seine Wut noch Gründe hat. Die adoleszente Ablehnungshaltung, die frühere Platten charakterisiert, hat einem inhaltlich chiffrierteren Textwerk Platz gemacht. Der Songwriter aus Nebraska, der in den letzten Jahren mit Bruce Springsteen, Neil Young und Lou Reed musizierte, ist eben kein Twen mehr, der die Befindlichkeiten seiner Generation verhandelt.

Es gelingt Oberst im ausverkauften Lido, das neue Material mit der großen Geste von einst zu verbinden. Der 31-Jährige mit der brüchigen Stimme und seine Band – die Musiker kommen größtenteils aus Omaha, jener Stadt, in der Oberst 1993 mit 13 Jahren sein Label Saddle Creek gründete – inszenieren die Songs druckvoll und präzise. Das ergibt Sinn, weil es Platz für kleine Unschärfen und unvermutete Ausbrüche lässt, aber auch für Leerstellen, die dem Folk gehören. Bedeutet: Natürlich ist das identitätsstiftende „Lover I Don’t Have to Love“ wunderbar krachig. Aber in „Old Soul Song (For the New World Order)“ weht eben auch eine Trompete durch den Saal, in „Cleanse Song“ setzt eine Slide-Gitarre die Akzente.

Das Publikum belohnt vor allem die intimen Momente mit frenetischem Applaus. Und so taut der anfangs hochkonzentriert wirkende Oberst im Laufe des Abends auf, redet mit dem Publikum und bringt einige Spitzen gegen sein hässliches Hotelzimmer unter. Nach zwei Stunden verlässt er die Bühne. Der Abschied ist nicht für immer: Im Frühsommer spielen Bright Eyes erneut in Berlin. Ob sich die Intimität dieses Abends in einer großen Halle reproduzieren lässt, ist zweifelhaft.Jochen Overbeck

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false