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Kultur: Der Autor hat abgedankt

Der Berliner Theatermacher Jo Fabian inszeniert im Hebbel-Theater "Perlimplin" nach García LorcaVON SANDRA LUZINAIst es die Hand des Autors, die da vergrößert über dem Bühnengeschehen schwebt? Oder pfuscht der Inszenator Jo Fabian in seiner neuen Produktion "Perlimplin" sich selbst ins Werk?

Von Sandra Luzina

Der Berliner Theatermacher Jo Fabian inszeniert im Hebbel-Theater "Perlimplin" nach García LorcaVON SANDRA LUZINAIst es die Hand des Autors, die da vergrößert über dem Bühnengeschehen schwebt? Oder pfuscht der Inszenator Jo Fabian in seiner neuen Produktion "Perlimplin" sich selbst ins Werk? Auf transparentem Gazevorhang im Bühnenvordergrund ist per Filmprojektion eine riesige Hand beim Zeichnen und Schreiben zu sehen.Vielleicht hätte es ja einfach eine Leinwand getan, doch hier benutzt der Regisseur die eigene Inszenierung, um sie zu überzeichnen.Der Autor hat abgedankt - so ist neuerdings zu hören -, hier schleicht er sich wieder ein als Fingerzeig. Jo Fabians Produktionen gleichen oft ästhetischen Untersuchungen, im besten Fall sind sie Selbst-Befragung und -Ironisierung zugleich.Diesmal gilt sein Mißtrauen erneut dem abgeschlossenen Werk, dem inszenatorischen Fertigprodukt.Betont werden soll der Entstehungsprozeß, das Flüchtig-Skizzenhafte, der subjektive Einfall.Bei "Perlimplin", einer Koproduktion mit dem Kleist-Theater Frankfurt (Oder), handelt es sich außerdem um den zweiten Teil einer García-Lorca-Trilogie.Von dessen Stück "In seinem Garten liebt Don Perlimplin Belisa" blieb nicht viel übrig.Das Liebesdrama wurde auf typische Motive reduziert und banalisiert, aus wenigen Andeutungen kann sich der Zuschauer die Geschichte selbst zusammenreimen: Der alte und reiche Perlimplin heiratet eine blutjunge Frau.Da er ihre Liebe nicht gewinnen kann, schreibt er ihr anynome Liebesbriefe, verdoppelt sich zum imaginären Liebhaber.Ein Spiel der Einbildung, das tödlich endet.Fabian kann dem nur mehr eine lapidare Komik abgewinnen. Ein Gitarrist zupft die immer selben traurigen Weisen.Die vier Schauspieler sitzen auf einer Bank vor einer steinernen Mauer, sie sitzen, schweigen und reden, das Bühnengeschehen ist zum Bild, zum Hintergrund eingefroren.Wie oft bei Fabian scheinen sie auf etwas zu warten.Eine Uhr ohne Ziffernblätter leuchtet.Es herrschen Stille und Stillstand.Die Dialoge oder als Dialog getarnten Monologe treiben keine Handlung voran - "No action", wurde bereits am Anfang des Abends gewarnt.Fabian sucht die Absurdität im Alltäglichen, und er findet sie im Unsinnigen der menschlichen Kommunikation.Die Szenen sind oft nur Variationen eines einzigen Satzes - eines Satzes vom Kaliber eines "Ist was?", von der insistierenden Frau an einen enerviert schweigenden Mann adressiert.Mit zunehmender Wiederholung verdampft jeglicher Inhalt.Zu sehen sind nur Murks und Mühe beim Aussprechen der dürftigsten Mitteilungen.Aus krampfiger Kommunikation resultiert eine laue Komik, von schmerzlichem Kommunikationsverlust ist wenig zu spüren.Auf der Bühne nimmt sich das oft einschläfernd aus.So rettet Fabian sich in witzige Einfälle.Da fliegen Sonnen- und Regenschirme umher.Die Kombination von Bild und Wort setzt nicht immer auf das Naheliegende, sondern kokettiert mit dem Vieldeutigen.So zeigt die Bildtafel "Jungs I" zwei Pfeifen - dies wohl ein Tribut an Magritte.Eine tiefgründige Untersuchung zur Bild-Sprache-Problematik wird hier aber gar nicht erst versucht. Und auch das Überschreiben der Inszenierung ist nicht mehr als ein spielerischer Einfall, ein Gag, der sich mit der Zeit abnutzt.Die Diskrepanz zwischen Skizze und Bühnenrealisierung, zwischen der scheinbaren Spontaneität des Entwurfs und der Statik der Inszenierung wird zwar deutlich.Doch dem Schauspiel wird keine neue Dimension hinzufügt, das Geschehen nicht in einen heiteren Schwebezustand versetzt.Wenn der Regisseur hier seine Hand im Spiel hat, dann resultiert daraus nur eine selbstverliebte, bisweilen dröge Fingerübung. Erneut heute 20 Uhr im Hebbel-Theater.

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