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Kultur: Der Beitrag von Jonathan Lynn setzt ein neues Genre durch, den Zahnarztfilm

Am Anfang werden Zähne geputzt, so sorgfältig, dass man die Titelsequenz ohne weiteres als Demonstrationsfilm in Zahnarztpraxen einsetzen könnte. Überhaupt spielt die Mundhygiene keine unwichtige Rolle in dieser Komödie, die auch "Der Zahnarzt und der Killer" heißen könnte.

Am Anfang werden Zähne geputzt, so sorgfältig, dass man die Titelsequenz ohne weiteres als Demonstrationsfilm in Zahnarztpraxen einsetzen könnte. Überhaupt spielt die Mundhygiene keine unwichtige Rolle in dieser Komödie, die auch "Der Zahnarzt und der Killer" heißen könnte. Denn es geht um eine Männerfreundschaft, in der die beiden ungleichen Protagonisten einander kennen und schätzen lernen und die Frauen, wie in solchen Filmen üblich, nur Beiwerk sind - schmückendes oder lästiges, aber immer mit strahlend weißem Gebiss.

Das mag in diesem Fall angehen - schließlich handelt es sich um eine Satire, deren Versatzstücke die Topoi des Gangsterfilms sind. Hier nun setzt sie Maßstäbe für das noch nicht etablierte Genre des Zahnarztfilms. Bruce Willis spielt Jimmy "The Tulip" Tudeski, einen Hitman der ungarischen Mafia, der sich anschickt, ein bürgerliches Leben in einer Einfamilienhaussiedlung von Montreal zu beginnen. Sein Nachbar ist der fröhlich-naive, aber ziemlich gewitzte Zahnarzt Oz (Matthew Perry), den alle mögen, auch Jimmy Tudeski. "Lass uns eine Spazierfahrt machen", sagt der Killer zum Zahnarzt, nachdem man sich bekannt gemacht hat. Und zitternd kommt Oz dieser Aufforderung nach: Er hat Jimmy an seiner Tätowierung längst erkannt. Aber nachdem die beiden Männer sich darüber verständigt haben, dass Mayonnaise auf Hamburgern nichts zu suchen hat und man darauf achten sollte, der jeweiligen Klientel Schmerzen zu ersparen, beginnt die Freundschaft. Und als Jimmy Oz vor seiner Haustür abgesetzt hat, ruft er ihn sogar noch einmal zurück. Oz beugt sich durchs heruntergekurbelte Fenster auf der Beifahrerseite, und Jimmy sagt: "Das war schön" - wie nach einem Rendezvous.

Schade, dass Oz eine geldgierige, lieblose Gattin hat, die unbedingt das von der Mafia auf Jimmy ausgesetzte Kopfgeld kassieren will. Und wie schade, dass er sich, wie immer, nicht gegen sie durchsetzen kann. So gerät er in eine furchtbare Zwickmühle, laviert zwischen dem Mafia-Syndikat in Chicago und seinem neuen Freund und tut dabei erstaunlicherweise immer das Richtige. Unterstützend wirken seine Sprechstundenhilfe, die sich brennend fürs Killerhandwerk interessiert, und Jimmys Frau Cynthia, eine eisige, trinkfeste Blondine, die der Zahnarzt schon bald ein wenig auftaut ...

"Keine halben Sachen" wäre mit anderen Darstellern nur ein mittelmäßiger Film. Sein Ensemble macht ihn jedoch zu einem ausgesprochenen Vergnügen. Nicht nur, weil Bruce Willis lustvoll gegen das eigene Rollenstereotyp anspielt und zeigt, dass auch Männer, die ihre Halkarmhemden über Doppelripp offen tragen, nachdenklich und selbstreflexiv agieren können. Eine gelungene Besetzung ist auch der bisher wenig auffällige Matthew Perry als Oz: die Inkarnation des netten, niemals erwachsen gewordenen Mannes von nebenan. Und natürlich Michael Clarke Duncan als Jimmys Kumpan Frankie: Der Riese, unlängst in "The Green Mile" zu sehen, schafft es, gefährlich und freundlich zugleich zu wirken. Schon wegen seiner Stimme, einem gelassenen Bass-Grollen, sollte man den Film möglichst in der Originalfassung ansehen. Was die Frauen betrifft - nun ja: siehe oben.In 26 Berliner Kinos; Cinemaxx Potsdamer Platz und Kurbel (OV)

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