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Kultur: Der dritte Weg

Wie der Bund in die Berliner Opernstiftung einsteigen könnte / Von Elmar Weingarten

Eine alte, todsichere Bauernregel sagt: „Beginnt der Mai mit dem Ersten, wird’s für den Bauern am schwersten.“ Dies scheint in schöner Regelmäßigkeit auch auf die Berliner Opernstiftung zuzutreffen: Egal was kommt – es wird sauschwer für die Opernhäuser und besonders für Stiftungschef Michael Schindhelm.

Schindhelm hat zurecht sehr früh eines klar gemacht: Mit 100 Millionen Euro lassen sich drei Opernhäuser, von denen wenigstens eines internationalen Zuschnitt haben sollte, nicht verwirklichen. München etwa hat ein Jahresbudget von 80 Millionen Euro. Dreimal Kieler Niveau, das mag vielleicht gelingen. Aber das ist nicht das, was die Stadt verdient, und auch nicht, was sie wollen sollte.

Das ist sicherlich auch nicht das, was Klaus Wowereit, der Opernkundige, will. Um so überraschender sind seine Attacken auf den sich mit dem schier Unmöglichen abrackernden Michael Schindhelm. Man sollte Schindhelms Vorschläge abwarten. Die Ideen, die er uns in Aussicht stellt, werden eine Diskussion einleiten, die sicher etwas Besseres möglich machen wird als das, was wir im Augenblick an Opernwirklichkeit in Berlin zu besichtigen haben. Doch unabhängig von den Diskussionen um die Neustrukturierung der Berliner Opernlandschaft sollten alle denkbaren Möglichkeiten der Mitwirkung des Bundes bei der Erhaltung dieses hauptstädtischen Kulturbestandes in aller Sorgfalt, Behutsamkeit und mit diplomatischer Dezenz ausgelotet werden.

Drei Modelle sind denkbar. Die Vorstellung des Regierenden Bürgermeisters, dass der Bund die Staatsoper übernimmt, ist ein schöner Traum. Niemand im Bund, gleich welcher Couleur, hat dies bisher für möglich oder gar für vernünftig gehalten. Die Verfolgung dieses Plans hat nur taktischen Reiz und vielleicht auch Sinn. Das zweite Modell ist inhaltlich und politisch leichter begründbar: Die Staatsoper wird von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz übernommen. Diese ist ein einzigartiges kulturelles Erbe des untergegangenen Preußen, wie die Museen und die Staatsbibliothek auch, und zwar selbst dann, wenn man Opernhäuser nicht unbedingt als Opernmuseen begriffen haben möchte. Diese Idee hat mehr Plausibilität, ist aber noch schwieriger zu realisieren, weil alle 16 Länder zustimmen müssten. Dieses Modell käme also nur zum Tragen, wenn der Bund die 25 Prozent des Etats der Preußenstiftung, den die Länder gegenwärtig beitragen, vollständig übernehmen würde. Dann wäre es sicherlich erheblich leichter, eine solche Lösung für die Staatsoper anzupeilen.

Das Vernünftigste wäre allerdings, wenn es gelingen könnte, den Bund mit etwa einem Drittel des jährlichen Etats als Träger in die Opernstiftung mit hineinzunehmen. Dies könnte eine wirklich tragfähige Konstruktion sein. Die Berliner Festspiele haben (als GmbH) über Jahrzehnte in der gemeinsamen Trägerschaft von Bund und Land erfolgreich das Berliner Kulturleben bereichert. Dies ginge rechtlich ohne größere Probleme und wäre ein glänzendes Signal für die gesamtstaatliche Verantwortung für die Berliner Kultur, zu der Minister Neumann wiederholt Überzeugendes und Erfreuliches geäußert hat. Vor allem hätte es den Vorteil, dass ein einleuchtendes Strukturkonzept – für das Schindhelm Ideen entwickelt hat – realisiert werden könnte, in dem die Staatsoper Teil des Modells wäre und nicht ein vom Bund verwöhnter Konkurrent.

Es ist an der Zeit, mit Klaus Wowereit, Michael Schindhelm und André Schmitz die Opernfrage substanzieller zu diskutieren als bisher. Berlin hat nun einmal drei wichtige Operneinrichtungen, jede mit großer und eigener Geschichte. Es muss zeigen, dass es diese verdient.

Der Autor ist Kurator des Hauptstadtkulturfonds.

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