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Kultur: Der Entdecker: Radio-DJ John Peel ist tot

Wie viele Musiker haben sich von ihm Wunder versprochen. Und wie viele wurden enttäuscht.

Wie viele Musiker haben sich von ihm Wunder versprochen. Und wie viele wurden enttäuscht. Sie trugen ihm ihre Demobänder an, er nahm sie freundlich entgegen, öffnete den Kofferraum seines etwas heruntergekommenen Wagens und warf sie zu den Hunderten anderer Bänder, die dort in Kisten und Kartons darauf warteten, angehört zu werden. Wie John Peel, der legendäre BBC-Moderator, dann doch immer wieder genau die Musik aus dem Wust an Zusendungen auswählte und in seinen Radiosendungen vorstellte, die den Zeitgeist traf und ihm etwas Neues hinzufügten, bleibt ein ewiges Rätsel. Denn der Mann, der auf BBC’s Radio 1 zu hören war, seitdem es 1967 gegründet wurde, starb am Dienstag in Peru an einem Herzinfarkt. Er wurde 65 Jahre alt.

John Peel war eine Instanz der Rock- und Popkultur und der Letzte seiner Art. Ein Besessener, der sich nicht an Genres oder Stile hielt, der Jimi Hendrix, Marc Bolan und – sehr zum Erstaunen seiner Kollegen – die Sex Pistols unterstützte, und es nie für nötig hielt, viel zu erklären. Mehr als zwei Sätze pflegte er über eine Platte, die er spielen wollte, nicht zu sagen. Die Musik musste für sich selber sprechen. Und das tat sie dann meist auch. Gleichzeitig lud er so unterschiedliche Künstler wie die Smashing Pumpkins, New Order, Joy Division, T-Rex, Syd Barret, Blur, The Jam und FSK für Live-Aufnahmen ins Studio, den so genannten „Peel Sessions“.

Er sah sich „als eine Art Patron der Künste, wie es sie im 17. und 18. Jahrhundert gab. Mit dem großen Unterschied, dass ich nicht so viel eigenes Geld dafür ausgeben muss wie die“. Als Exzentriker, der von seinem drei Autostunden nördlich von London gelegenen Wohnzimmer aus die Welt mit abstrusen Neuentdeckungen beschallte, verkörperte Peel ein musikalisches Paralleluniversum. Aus Lärm, Chaos, Nerven-Klängen.

1939 als John Ravenscroft geboren, zählte Peel in den Sechzigerjahren zu Englands einflussreichsten Piratensender-DJs. Er strahlte seine Beat-Revolution von Schiffen aus, die außerhalb der britischen Hoheitsgewässer vor Anker lagen. Peel war ein Musikmaniac, dem es wirklich um etwas ging. „Mir gefällt es, Sachen zu hören, die ich nicht schon irgendwo gehört habe“, erklärte er seinen zwanghaften Entdeckungswahn. Und so hat er viele Karrieren gemacht. Zerstört hat er sie nie. Darum ging es auch nicht. Er wollte, dass Künstler, die alles geben, einen Triumph erleben.

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