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Kultur: Der Erzähler

Zum Tod des amerikanischen Schauspielers Spalding Gray

In seinem Bühnenmonolog „Nach Kambodscha schwimmen“, der auch als Buch erschien und von Jonathan Demme verfilmt wurde, gab Spalding Gray den unschlagbaren Rat: Wenn du in einem Meer schwimmen willst, wo es Haie gibt, leg deine Geldbörse auf den Strand. Dann denkst du nicht an die Haie. – Vor zwei Monaten ist der 62jährige amerikanische Schauspieler spurlos in Manhattan verschwunden. Jetzt wurde seine Leiche aus dem East River geborgen. Spalding Gray, dessen Mutter sich mit 52 Jahren das Leben genommen hatte, litt an Depressionen. Sein Leiden verschärfte sich nach einem schweren Autounfall vor drei Jahren, bei dem er Kopfverletzungen erlitt.

„Nach Kambodscha schwimmen“ (1985) gehörte zu Spalding Grays größten Erfolgen. Darin erzählte er von den Dreharbeiten zu „The Killing Fields“ – wahnsinnig-komische Stories vom amerikanischen Krieg und Nachkrieg in Südostasien, von Drogen, Prostitution und der Absurdität monumentaler Kriegsfilmerei mit einheimischen Statisten, die für ein paar Dollar das nachspielen mussten, was sie unter Pol Pot und dem Vietcong real durchgemacht hatten.

In New York gründete Spalding Gray 1975 zusammen mit Elizabeth LeCompte die legendäre Wooster Group. Bald wurde er als Entertainer mit seinen Monologen zu einer festen und einflussreichen Größe des Avantgarde-Theaters. Er saß an einem Tisch, mit einem Glas Wasser und ein paar Notizen: So erklärte er sich und seinem Publikum das Unerklärliche, das Leben eines Typen namens Spalding Gray. „Sex and Death tot the Age of 14“, „Booze, Cars and College Girls“, so hießen seine berühmten Monologe. Eine vielleicht typisch amerikanische Kunstform: persönlich-universelles Storytelling. „Grays Bekenntnisse taten unserer Seele gut“, schrieb die Washington Post in ihrem Nachruf.

Spalding Gray, der häufig von Selbstmord sprach, auch vom Ertrinken, war letzten Oktober noch mit „Life Interrupted“ aufgetreten, einem neuen Programm, in dem er von seinem Autounfall und den Folgen erzählte. Angehörige und Freunde glaubten ihn auf dem Weg der Besserung. R. S.

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