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Meryl Streep und Harvey Weinstein bei einer Preisverleihung in L.A., 2012.

© AFP/Kevin Winter

Der Fall Harvey Weinstein: Stars zeigen sich entsetzt über sexuelle Belästigungen

Meryl Streep, Judi Dench, George Clooney: Immer mehr Filmstars gehen auf Distanz zu Harvey Weinstein. Nur Donna Karan verteidigt ihn - und wird dafür hart kritisiert.

Nach der Entlassung von Harvey Weinstein wegen zahlreichen sexuellen Belästigungen gehen immer mehr Filmstars auf Distanz zu dem einflussreichen Hollywood-Produzenten. Die Oscar-Preisträgerinnen Meryl Streep und Judi Dench äußerten sich "entsetzt" und "geschockt" über die Enthüllungen, ihr Kollege George Clooney sprach von einem untragbaren Verhalten. Unterdessen warf am Dienstag mit der Britin Romola Garai eine weitere Schauspielerin Weinstein sexuelle Belästigung vor.

Meryl Streep, die den heute 65-Jährigen bei einer Oscar-Verleihung einmal als "Gott" bezeichnet hatte, erklärte am Montag in der "Huffington Post", sie sei "entsetzt" über die "schändlichen" Nachrichten. Sie betonte zugleich, dass "nicht jeder" von Weinsteins Fehlverhalten gewusst habe. "Ich glaube nicht, dass all die investigativen Journalisten es über Jahrzehnte versäumt hätten darüber zu schreiben", fügte Streep hinzu.

Judi Dench, die einen großen Teil ihres Erfolgs dem Independent-Studioboss zugeschrieben hatte, äußerte sich "geschockt". Die britische Schauspielerin versicherte gegenüber dem Magazin "Newsweek", ihr seien die Vorwürfe gegen Weinstein bislang nicht bekannt gewesen.

Der Hollywoodstar und Regisseur George Clooney nannte Weinsteins Verhalten "unhaltbar". In den 90er Jahren habe er gerüchteweise gehört, dass Frauen, die mit Weinstein schliefen, als Gegenleistung Filmrollen erhielten. Doch er habe darin lediglich Versuche gesehen, die Frauen herabzusetzen. Glenn Close wiederum vertraute der "New York Times" in einer Erklärung an, dass ihr entsprechende Gerüchte "über viele Jahre" bekannt gewesen seien. "Harvey war mir gegenüber stets korrekt - aber jetzt, wo sich die Gerüchte bestätigen, fühle ich mich aufgebracht und tief traurig."

Weinstein hatte noch letzte Woche andere Studiochefs um Hilfe gebeten

Weinsteins eigenes Filmstudio hatte den 65-jährigen Produzenten am Sonntag wegen "Fehlverhaltens" gefeuert. Der Filmmogul soll Frauen versprochen haben, sie im Gegenzug für sexuelle Gefälligkeiten bei ihrer Filmkarriere zu unterstützen. Am Donnerstag hatte sich Weinstein entschuldigte eine Auszeit angekündigt, um seine "Dämonen" in den Griff zu bekommen. Seine Entlassung konnte er damit aber nicht mehr verhindern.

Wie das Branchenblatt "The Hollywood Reporter" berichtet, hatte Weinstein außerdem per Mail einflussreiche Kollegen aus Hollywood gebeten, an die übrigen Direktoren der Weinstein Company Briefe zu schreiben, damit er nicht entlassen wird. "I am desperate for your help", zitiert das Blatt Weinsteins Schreiben. "Gestehen Sie mir eine zweite Chance zu. Viele der Behauptungen sind falsch, wie Sie wissen, aber mit Therapie und Beratung, wie andere sie auch erhalten haben, werde ich wohl in der Lage sein, wieder auf die Beine zu kommen."

Auch die britische Schauspielerin Romola Garai wurde von Weinstein belästigt

Die 35-jährige Schauspielerin Romola Garai, bekannt u.a. aus der Literaturverfilmung "Abbitte", sagte dem britischen "Guardian", als 18-Jährige sei sie ebenfalls von Weinstein belästigt worden. "Wie jede andere Frau in der Branche hatte ich ein 'Vorsprechen' bei Harvey Weinstein." Der Produzent habe sie in seinem Hotelzimmer im Bademantel empfangen. Von solchen und weit schlimmeren Vorfällen hatten letzte Woche mehrere Frauen in der "New York Times" berichtet, darunter die Schauspielerinnen Ashley Judd und Rose McGowan. In mindestens acht Fällen habe man sich außergerichtlich geeinigt.

"Ich war erst 18. Ich habe mich dadurch vergewaltigt gefühlt", schilderte Garai den Vorfall. Im Hotelzimmer habe Weinstein ein kurzes Gespräch mit ihr über das anstehende Filmprojekt geführt, und dabei habe sie sich durch seinen "Machtmissbrauch" herabgesetzt gefühlt. Sie habe jetzt erst ihr Schweigen gebrochen, weil vorher die Vertreter der Filmbranche "schockiert" gewesen wären, "dass ich überhaupt dachte, dass das ein Problem ist".

Die US-Modeschöpferin Donna Karan erntete derweil Kritik, weil sie Weinstein verteidigte. "Ich denke, die Leute sehen in ihm heute ein Symbol, nicht unbedingt, was er ist", sagte die Gründerin des Modelabels DKNY. "Ich kenne seine Frau. Ich denke, dass es tolle Leute sind." Zugleich wies Karan Weinsteins mutmaßlichen Opfern indirekt eine Mitschuld zu. "Wenn man sich all das anschaut, was heute passiert, und wie die Frauen sich kleiden", werde deutlich, dass diese "Probleme" suchten.

Rose McGowan nannte Karan auf Twitter "bedauernswert". "Helfen und ermutigen ist ein moralisches Verbrechen", fügte die Schauspielerin mit Blick auf sexuelle Belästigung hinzu. Karan entschuldigte sich später für ihre Äußerungen. Diese seien aus dem Zusammenhang gerissen worden und sie habe kein Opfer von sexueller Belästigung beleidigen wollen. "Ich glaube, dass sexuelle Übergriffe nicht akzeptabel sind", erklärte die 69-Jährige. Solche Vergehen müssten unabhängig von der Person aufgeklärt werden.

Harvey Weinstein war zusammen mit seinem Bruder Bob jahrzehntelang äußerst erfolgreich im Filmgeschäft tätig, ihre Produktionen - zunächst mit ihrer Firma Miramax, dann mit der Weinstein Company - gewannen zahlreiche Oscars, darunter für "Shakespeare in Love" und "The King's Speech". (AFP/Tsp)

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