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Hell im Schmerz und Scherz. Hans Christian Rudolph, 1943–2014. Foto: Ullstein

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Kultur: Der Flirrende

Zum Tod des Schauspielers Hans Christian Rudolph.

Merkwürdig, dass er nicht auch noch die große Filmkarriere gemacht hat. Denn Hans Christoph Rudolph, der am Dienstagvormittag in einem Hamburger Krankenhaus an Krebs gestorben ist, war ein Ausnahmespieler. Im Dezember erst hatte er seinen 70. Geburtstag gehabt.

Lange Zeit wie ein ewiger Jüngling wirkend, schwarzes Haar und ein überaus charmantes Lachen, glich er äußerlich einer Mischung aus Horst Caspar und dem umschwärmten französischen Nachkriegsstar Gérard Philipe, ja, er hatte eine romanische und romantische Anmutung. Aber sein Strahlen war zugleich gebrochen, die dunklen Augen noch in der blitzenden Heiterkeit voller Melancholie. In dieser schwebenden Ambivalenz lag auch sein besonderer Zauber.

Er hatte ein Gesicht für den Film, doch seine Liebe gehörte immer dem Theater. Nach der (abgebrochenen) Schauspielschule in Berlin und ein paar Stationen in der Provinz hat er schnell an den großen Häusern reüssiert, war von 1970 bis ’73 bei Boy Gobert am Hamburger Thalia-Theater und in Jürgen Flimms früher Inszenierung von Marlowes „Eduard II.“ dabei. Am Schauspiel Frankfurt prägte er schon als Protagonist Ende der 70er Jahre die Ära Peter Palitzsch, dann in den Achtzigern war er wieder ganz vorneweg bei Jürgen Flimm am Schauspiel Köln und im Hamburger Thalia-Theater, später auch an Claus Peymanns Wiener Burg und bei Andrea Breth in Schnitzlers „Einsamem Weg“ an der Berliner Schaubühne.

Wunderbar in Köln unter Jürgen Goschs Regie seine Verkörperung von Molières „Menschenfeind“: als misanthropischer Alceste ein Schwermutstänzer auf einer das Spiel und die Bühne beherrschenden Steiltreppe. Immer am Rande des Abgrunds. In Hamburg aber wurde 1989 sein tollster Triumph der Titelheld in Flimms grandiosem „Platonow“. Ein zwischen den Frauen, dem Alkohol und der vitalsten Lebensmüdigkeit Zerrissener – erotisch, komisch, traurig, Tschechow. Die Figur war ihm wohl auch im Leben nah. Flirrend, hell im Schmerz und Scherz, wirkte er 1997 als Heinrich Heine in der Uraufführung von Tankred Dorsts „Harrys Kopf“ (Regie Flimm) oder im Jahr 2000 als sonderbarer Utopist in Moritz Rinkes „Republik Vineta“, beides in Hamburg. Jürgen Flimm sagt jetzt: „Er war mein Hauptdarsteller und einer meiner liebsten Menschen.“ Peter von Becker

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