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Kultur: Der Gallier

Asterix-Zeichner Albert Uderzo wird 80

Die größten französischen Nationalhelden des 20. Jahrhunderts wurden unter enormen Zeitdruck und mithilfe etlicher Gläser Pastis erschaffen. Eine Viertelstunde, länger brauchten René Goscinny und Albert Uderzo nicht, bis sie Asterix, Obelix, Miraculix, Majestix und Troubadix erfunden hatten. Ein Verleger hatte den Texter und den Zeichner um Figuren gebeten, die der amerikanischen Mickymaus-Dominanz auf dem französischen Comicmarkt trotzen sollten. Seine ersten Abenteuer erlebte Asterix im Oktober 1959 in der Zeitschrift „Pilote“, zwei Jahre später erschien „Asterix der Gallier“. Es war der Beginn einer atemberaubenden Erfolgsgeschichte. Bis heute wurden die Gallier-Geschichten in 107 Sprachen übersetzt und in 325 Millionen Exemplaren verkauft. „Wenn wir gewusst hätten, mit welcher Akribie Intellektuelle unsere Charaktere sezieren würden, hätten wir uns für die Entwicklung der Figuren einige Monate Zeit genommen und nicht nur 15 Minuten“, sagte Uderzo später.

„Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, Widerstand zu leisten.“ So beginnt jeder der bislang 33 Asterix-Bände. Vorbild war der bretonische Flecken Britanny, wo Uderzo während des Zweiten Weltkriegs auf einem Bauernhof untergekommen war. Goscinny hatte bei der Ortswahl nur eine Bedingung gestellt: Es müsse ein Küstenort sein, damit die rebellischen Helden jederzeit per Schiff zu neuen Abenteuern aufbrechen können.

Man hat Asterix und Obelix, bei denen schon das -ix im Namen eine Hommage an den legendären Gallierfürsten Vercingetorix ist, immer wieder Chauvinismus vorgeworfen. Dabei waren ihre Schöpfer selber Kinder von Immigranten. Goscinny stammte aus einer Familie polnischer Rabbiner und überlebte die deutsche Besetzung Frankreichs im argentinischen Exil. Uderzo wurde heute vor 80 Jahren als Sohn eines italienischen Geigenbauers in der Nähe von Reims geboren. Nach dem Krieg heuerte der Walt- Disney-Fan als Assistent in einem Trickfilmstudio an und begann, Comics für französische und belgische Zeitungen zu liefern. 1951 begegnete er Goscinny, bald darauf produzierte das kongeniale Gespann Comicserien wie am Fließband. „Pitt Pistol“ handelte von Piraten, „Luc Junior“ schilderte nach dem Vorbild von „Tim und Struppi“ die Abenteuer eines jungen Reporters und seines Hundes, „Umpah-Pah“ spielte im Wilden Westen.

„Erfolg ist wie Zaubertrank: Die Zutaten sind unbekannt“, sagt Uderzo. „Man kann lediglich Vermutungen anstellen: Überall auf der Welt werden Menschen unterdrückt, deshalb sehnen sie sich nach einem David, der den Goliath besiegt.“ Eingefleischte Asterix-Fans nehmen es dem Zeichner bis heute übel, dass er die Serie nach Goscinnys Tod 1977 allein fortgesetzt hat. Der subtile Witz ist hin, die neuen Hefte wirken bloß noch wie ein schlechter Abklatsch alter Erfolge. Im vorerst letzten, 2005 erschienenen Band „Gallien in Gefahr“ landen Disney-artige Aliens im kleinen gallischen Dorf und George W. Bush wird als „ubsh“ verballhornt. In seinen besten Zeiten zeichnete Uderzo bis zu fünf Comicseiten pro Woche. Mittlerweile arbeitet er fünf Jahre lang an einem Asterix-Abenteuer. „Ich bin faul geworden“, entschuldigt er sich.

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