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Kultur: Der Gesang der Butterdose

Das Debakel um das Metropoltheater ist nicht nur ein kulturpolitisches Fiasko.Es betrifft auch die Gattung der Operette, die sich einfach nicht erneuern wolle.

Das Debakel um das Metropoltheater ist nicht nur ein kulturpolitisches Fiasko.Es betrifft auch die Gattung der Operette, die sich einfach nicht erneuern wolle.Heißt es.Dem kann Ulrich Bauer kaum zustimmen.Der aus Ulm stammende Komponist macht nämlich seit zehn Jahren eines höchst erfolgreich: Operetten schreiben.Die etablierten Theater nehmen von Talenten aber oft "erst dann Kenntnis, wenn sie entweder tot sind oder kurz davor", grinst der langhaarige Tonsetzer mit Diplomabschluß.Sein lapidarer Befund: "Irgendwann in den dreißiger Jahren brach die Entwicklung der Operette ab.Danach kam nur noch Künneke".

Zunächst wollte Ulrich Bauer Rock-Star werden, tingelte mit verschiedenen Bands in den siebziger durch die bundesdeutsche Provinz, schrieb Mundartsongs über die belebende Wirkung von Hanfprodukten.Als er merkte, daß es mit Karriere als Superstar nichts würde, sattelte er komplett um und ging nach Berlin, um an der HdK Kompositionslehre zu studieren.Eine als Open-Air-Spektakel in der Neuköllner Passage inszenierte "Hinterhofoperette" war sein erster Publikumsrenner.Weitere folgten, und mit dem Saalbau Neukölln fand sich auch ein passender überdachter Rahmen für die Bauerschen Jetztzeit-Operetten.Seit dem letzten Jahr sorgt dort die Serie vom "Viermäderlhaus" für Melodienschmelz und ausverkaufte Abende.Mit der "Tupperparty"" begann das Serienwerk, "Das Skatduell" ging Stammtischmysterien auf die Spur.Eine "Butterfahrt nach Polen" steht im kommenden März auf dem Programm.Und zur Jahrtausendwende ist als krönender Abschluß ein Stück geplant, das programmatisch "Therapie""heißen soll.

Deutschland ist heute ein weitgehend operettenloses Land.Dafür haben die Nationalsozialisten gesorgt, die fast das gesamte Personal des musiktheatralischen Wunders der Goldenen Zwanziger vertrieben oder ermordeten, weil es als "nichtarisch" galt."Ich muß so tun als ob es ein Zeitloch gäbe.Denn die bewährten dramaturgischen Muster muß man nicht neu erfinden.Und für Vergangenheitsbewältigung ist die Machart nur bedingt tauglich", sagt Bauer.Deshalb klingt seine Musik so, als ob Emmerich Kalman oder Ralph Benatzky - die erklärten Vorbilder - gerade gestern eine Premiere an der Friedrichstraße hatten.Die Frechheit, die Melodienseligkeit, die Anleihen beim Schlager und vor allem die Figuren aus der Gegenwart, zeigen aber auch, daß Bauer das Genre zu aktualisieren weiß.

Jetzt wird erst einmal gefeiert.In Bauers inzwischen altvertrauter Wirkungsstätte, dem Saalbau Neukölln, soll morgen gegessen, getrunken und gesungen werden.Grund: die Veröffentlichung der CD mit den Liedern aus der "Tupperparty".Ein Potpourri betörend schöner Hausfrauen-Couplets.Eines ist besonders böse.Es erzählt davon, daß Tupperware auch ganz andere Inhalte als Lebensmittel aufnehmen kann.Einen Ehegatten zum Beispiel.

Die Record-Relase-"Tupper"party findet morgen ab 20 Uhr 30 im Saalbau Neukölln statt

REINER SCHWEINFURTH

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