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„Der goldene Kompass“: Meine Seele hat ein Fell

Wenn Hollywood Literatur verfilmt, geht das oft schief. Große Gefahr: Verflachung. Auch "Der Goldene Kompass", beruhend auf der Fantasy-Trilogie "His dark Materials", ist dieser Tendenz nicht entgangen. Dennoch sehenswert?

Dass Fantasy-Blockbuster zu Weihnachten in die Kinos kommen, ist mittlerweile Tradition geworden. Gute Vorlagen sind allerdings selten. Als das New-Line-Studio mit seiner „Herr der Ringe“-Trilogie fertig war, erwarb man daher die Rechte an Philip Pullmanns „His dark Materials“. Die Fantasy-Trilogie, hierzulande kaum bekannt, verkaufte sich im englischsprachigen Raum bereits 14 Millionen Mal.

„Der goldene Kompass“ bildet den Auftakt der Trilogie. Lyra, ein rebellisches Waisenkind in Oxford, lebt in einem Paralleluniversum, das unserem ähnlich ist – mit wesentlichen Unterschieden. Die Seele der Menschen sitzt nicht im Körper, sondern in seinem „Dämon“, einem lebenslangen Begleiter in Tiergestalt. Das herrschende Magisterium unterjocht die Menschen. Kinder werden entführt. Als Lyras Freund Roger verschwindet, macht sie sich auf die Suche. Ihre Verbündeten: eine Hexe, ein texanischer Aeronaut, seefahrende Gypter und der Kampfeisbär Iorek. Und dann sind da noch ihr Onkel Lord Asriel und die schöne Mrs. Coulter: zwei Forscher, die sich mit der verbotenen Substanz „Staub“ beschäftigen – mit sehr unterschiedlichen Methoden.

Die Welt, die Pullman in seinen Büchern erfand, ist dunkler, widersprüchlicher und vielschichtiger als das simple „Herr der Ringe“, der niedliche „Harry Potter“ oder die biederen „Chroniken von Narnia“. „His Dark Matters“ ist mehr als ein Fantasy-Abenteuer, mehr auch als ein Bildungsroman über das Erwachsenwerden. Kern der Trilogie ist eine Neuerzählung der Schöpfungsgeschichte: ein Manifest des freien Willens, das sich ausdrücklich gegen institutionalisierte Religiosität wendet. Dass sich die katholische Kirche davon angesprochen fühlt, ist beabsichtigt. Da der Film ausgerechnet zu Weihnachten anläuft, rufen katholische Verbände zum Boykott auf.

Dabei ist Hollywood mit dieser herrlichen Vorlage verfahren, wie man es gewohnt ist: „Der Goldene Kompass“ wurde abgeschliffen und verharmlost, bis daraus ein Fantasy-Film wurde wie viele andere. Ein schlechter Film ist es deshalb allerdings nicht: Die Bilder sind beeindruckend, die Darsteller in guter Form. Vor allem gelang es Regisseur Weitz („About a Boy“), das Herzstück der Geschichte glaubwürdig zu gestalten: die Freundschaft zwischen Lyra und dem Kampfbär Iorek. Er ist die eigentliche Attraktion dieses sehenswerten Films.

Fazit: Bildmächtige Romanverfilmung.

„Der goldene Kompass“, USA 2007, 113 Min.,
R: Chris Weitz D: Dakota Blue Richards, Nicole Kidman, Eva Green, Ian McKellen, Daniel Craig

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