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Kultur: Der Goldgräber

Zum 50. Todestag des Archäologen Walter Andrae

Er hat die Farben ins Pergamonmuseum gebracht. Das Königsblau der Ziegelglasur, das Goldgelb der Löwen, Drachen und Stiere, die sich darauf abzeichnen. Walter Andrae, zwischen 1928 und 1951 Direktor des Vorderasiatischen Museums, machte es zu seinem Lebenswerk, dass bei der Eröffnung des Pergamonmuseums 1930 auch der Vordere Orient mit Attraktionen glänzen konnte: mit den nach seinen Angaben aus Hunderttausenden von Ziegelsplittern akribisch zusammengesetzten Rekonstruktionen des Ischtar-Tores und der Prozessionsstraße von Babylon.

Andrae hat von Beginn an, ab 1899, an der deutschen Ausgrabung in Babylon teilgenommen: als Assistent von Robert Koldewey, dessen 150. Geburtstag die Staatlichen Museen zu Berlin im vergangenen Herbst würdigten. Koldewey wählte den 24-jährigen Architekten unter 16 Bewerbern aus – und bewies damit Instinkt. Der archäologische Neuling erwies sich als talentierter Nachfolger, der Koldeweys Grabungstechnik, das Differenzieren einzelner Zeitschichten, die exakte zeichnerische Aufnahme des Ergrabenen, weiter vervollkommnet hat. Beider Standards gelten bis heute.

1903 übertrug Koldewey Andrae die Grabungsleitung über das 110 Kilometer südlich von Mosul gelegene Assur, einst Hauptstadt des assyrischen Großreichs, seit 2003 Unesco-Weltkulturerbe. Die bei der Fundteilung 1914 den Berliner Museen zugesprochenen Schätze erreichten ihren Bestimmungsort aufgrund des Kriegsbeginns nicht mehr. Wie die Ziegelfragmente aus Babylon trafen sie, in Hunderte von Kisten verpackt, erst 1926/27 auf der Museumsinsel ein: ein diplomatischer Erfolg Walter Andraes, der mit der damaligen irakischen Antikenverwaltung über die Freigabe verhandelt hatte.

Die unter Andraes Leitung um 1930 im Pergamonmuseum eingerichteten Schauräume des Vorderasiatischen Museums machten erstmals altorientalische Architektur in Originalgröße in einem Museum erfahr- und begehbar. Ein Millionenpublikum begeistern sie bis heute. Als Denkmal der Museumskunde fordern sie auch bei der anstehenden Generalsanierung des Pergamonmuseums zu besonderer Sorgfalt heraus.

Walter Andrae starb heute vor 50 Jahren, am 28. Juli 1956, in Berlin. Der Senat hat bereits 2004 befürwortet, Andraes Grab auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof in eine Ehrengrabstätte des Landes Berlin umzuwandeln. Verwirklicht wurde der Plan bis heute nicht.

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