zum Hauptinhalt
From Graz to Greatness. Arnold Schwarzenegger in "Terminator 3 - Rebellion der Maschinen".

© picture-alliance / dpa

Der gute Terminator: Arnold Schwarzenegger ist der Gegenentwurf zu Donald Trump

USA, today: Arnold Schwarzenegger feiert an diesem Sonntag seinen 70 Geburtstag. Und wird mit dem Alter immer besser.

Nur eine Staffel lang moderiert er die TV-Reality-Show „The New Celebrity Apprentice“. Dann hört er auf. Sein Vorgänger ist zu dem Zeitpunkt bereits Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Donald Trump macht sich über die schlechten Zuschauerzahlen bei Arnold Schwarzenegger lustig („ein totales Desaster“), und der kontert: „Warum tauschen wir nicht die Jobs, Donald? Dann können die Menschen wieder ruhig schlafen.“ Als Trump ankündigt, die USA würden aus dem Klimaabkommen aussteigen, sagt Schwarzenegger: Ein Mann allein könne die Zeit nicht zurückdrehen. Das könne nur er – der Terminator.

Nichts daran ist witzig. Donald Trump hat die Lehrlings-Show des Senders NBC von 2004 bis 2015 nicht nur moderiert, sondern auch produziert. Im Oval Office gilt die „Apprentice“-Regel weiterhin: „You’re fired“. Sie trifft FBI-Chefs, Stabschefs, Regierungssprecher, demnächst wohl auch Justizminister, Russland-Sonderermittler und die Chefin der Federal Rerserve. Du bist gefeuert, und ich begnadige mich und die Meinen selbst.

Nichts davon ist komisch. Kulturelle Supermacht waren die USA seit dem Zweiten Weltkrieg. Nun schlägt das Empire auf sich selbst zurück. Bei Präsident Ronald Reagan, der von 1981 bis 1989 regierte, konnte man noch sagen: Da sitzt ein mittelmäßiger, am Ende seniler Hollywood-Schauspieler im Weißen Haus und macht Cowboy-Politik. Bei Trump funktioniert diese Unterscheidung nicht mehr. Die Politik wird überwölbt und übernommen von virtuellen Formaten. Reality ersetzt Realität. Der Präsident ist ein Entertainment-Monster, assistiert von der Dreckschleuder Anthony Scaramucci, dem neuen Kommunikationschef.

Ist das noch Demokratie?

Der Amtswechsel von Barack Obama zu Donald Trump hat etwas von einem Staatsstreich. So schnell hat kein US-Präsident das Land und seine Hauptstadt verändert, die Maßstäbe verschoben. Wenn aber die Präsidentschaft zur Fernsehserie wird, dann war die erste Staffel – die ersten sechs Monate Trump – dramaturgisch betrachtet ein Riesenerfolg. So viele Cliffhanger, so viele Verdächtige, so viele Spin-off-Möglichkeiten und fantastische Aufmerksamkeitsquoten!

Nicht wenige Bürger in den USA fragen sich: Ist das hier überhaupt eine Demokratie? Was ist das für ein Wahlrecht, in dem eine Kandidatin mit oder trotz einer Mehrheit von drei Millionen Stimmen landesweit unterliegt? Trump zeigt: Du kannst den popular vote haushoch verlieren, deine persönlichen Umfragewerte sind auf historischem Tiefstand, fast alles geht schief, du kriegst nichts hin, und dennoch ist es deine Show. Home of the Ego. Land der Freiheit, frei von Moral und Verantwortung zu agieren. Erst recht als Präsident.

Man sehnt sich nach – Amerika. Arnold Schwarzenegger feiert an diesem Sonntag seinen 70. Geburtstag. Er hat Trump nicht gewählt. Um den großen Schwarzenegger soll es hier gehen, ihm gebührt die Ehre, aber schon wieder hat sich Trump ins Bild geschoben, so wie er das auf internationalen Gipfeltreffen macht. Weg da, jetzt komme ich. Er ist fast gleichaltrig mit Schwarzenegger, und auch sonst frappieren die Parallelen: Beide sind Republikaner, politische Quereinsteiger, Medienfiguren, Geschäftsmänner, Muskelprotze. Trumps Familie hat deutsche Wurzeln. Und dann noch die Sache mit der Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten. Schwarzenegger und Trump: zwei erst so ähnliche und dann so unterschiedliche Phänomene. Zwei Welten aus einer Welt. Pop-Star gegen Populist.

Schwarzenegger wäre 2016 gern angetreten, und er hat viele Fans. Doch vor 70 Jahren wurde er als Sohn eines Polizisten in Österreich geboren, in Thal bei Graz, und nicht auf US-Territorium. Deshalb kann er nicht amerikanischer Präsident werden. Das verbietet die Verfassung. Er ist kein natural born citizen.

Der Außenministerposten wäre möglich, wie einst bei Henry Kissinger, der aus Fürth gebürtig ist. Schwarzenegger, der 1983 die US-Staatsbürgerschaft angenommen hat, war von 2003 bis 2011 Gouverneur von Kalifornien, wie Ronald Reagan. Er war verheiratet mit Maria Shriver, einer Kennedy-Nichte.

Für einen Präsidenten Schwarzenegger müsste man die Verfassung ändern

From Steiermark to Stardom. Arnold Schwarzenegger als Gouverneur von Kalifornien, bei einer Rede zum Antritt seiner zweiten Amtsperiode im Memorial Auditorium in Sacramento 2007..
From Steiermark to Stardom. Arnold Schwarzenegger als Gouverneur von Kalifornien, bei einer Rede zum Antritt seiner zweiten Amtsperiode im Memorial Auditorium in Sacramento 2007..

© dpa

Arnie for President. So wird es nicht kommen, Facebook-Kampagnen hin oder her. Im US-Fernsehen wird die Frage, ob die Verfassung für Schwarzenegger geändert werden soll, auf dass er kandidieren könnte, halb ernst diskutiert. Im Gegensatz zu Trump, der mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, hat sich Schwarzenegger nach oben gearbeitet, in einer fremden Kultur. Man hört es an seinem Akzent bis heute. Vollgepumpt mit Anabolika, ein geölter Fleischberg, triumphiert der Bodybuilder 1967 als „Mr. Universum“ und später als „Mr. Olympia“. Donald Trump organisierte „Miss Universe“-Shows, sogenannte Schönheitswettbewerbe. Körper als Handelsware.

Schwarzeneggers Filmkarriere läuft langsam an. Seine ersten Versuche als Schauspieler in den USA unternimmt er als Arnold Strong, seine Stimme wird synchronisiert. Eine Karriere als Witzfigur lag nahe, aber er nimmt auch in Schrottfilmen die Abzweigung in Richtung Charaktertyp und Charisma. Mit „Conan der Barbar“ entwickelt sich 1982 ein gewisser Kultstatus. James Camerons „Terminator 2“ (1991) spielt nicht nur 500 Millionen Dollar ein, sondern gebiert eine moderne mythische Gestalt. Die Kampfmaschine, der Terminator, reist aus der Zukunft zurück, um eine Mutter und ihren Sohn und die Welt zu retten. Witzig, klug, ja sogar empathiebegabt, so verhindert Terminator Arnold das Schlimmste. Die Geschichte des Jungen mit den Jesus-Initialen, John Connor, ist christlich grundiert, der Terminator übernimmt dabei die Rolle des Heiligen Geists. Er interpretiert sie mit der nötigen Gewalt.

Es gibt Fortsetzungen, zuletzt „Genisys“, und Schwarzenegger prügelt sich durch etliche andere Action-Filme, auch mit Sylvester Stallone. Aber der Terminator („I’ll be back“) ist jetzt seine zweite Natur. Die Maschine, die stets das Gute schafft. Weil sie so programmiert ist. Kann eine Maschine auch Elemente von freiem Willen haben? Offensichtlich. Die neueren Automaten, die Killer, die er abwehrt, erscheinen in dem Maße primitiver, als sie nur ein Ziel kennen, das der Vernichtung. Sie sind dem Modell Arnold, das für das Überleben der Menschheit seine Existenz als Maschine dreingibt, nur technisch überlegen.

In der Verwundbarkeit zeigt sich sein moralischer Vorzug. Arnie ist der gute Killer, der Roboter mit dem menschlichen Makel. In dem Maße, in dem die Menschen sich der Technik unterwerfen, wird der Android human. So läuft es 1990 in „Total Recall“, Paul Verhoevens Verfilmung einer Geschichte des Visionärs Philip K. Dick, in der Arnold Schwarzenegger die Hauptrolle spielt. Als Gouverneur hat sich Schwarzenegger in der Frage der Waffengesetzgebung von der republikanischen Partei abgesetzt und mit der National Rifle Association angelegt.

Der Mann hat mindestens drei Leben

Mindestens drei Leben hat dieser Mann. Bodybuilder, Hollywood-Held, Politiker. Als Gouverneur von Kalifornien setzt sich Schwarzenegger für den Umweltschutz ein. Da hat er, wie der Demokrat Al Gore, seine Aufgabe gefunden. Letzte Woche sprach Schwarzenegger in Paris mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über Klimapolitik. Der Bundesstaat Kalifornien allein ist die fünfgrößte Volkswirtschaft der Erde, hinter den Deutschen.

Es kursiert die Idee, Kalifornien könnte sich aus den Vereinigten Staaten verabschieden. Sie mag so unrealistisch sein wie die Vorstellung von Schwarzenegger im Weißen Haus. Aber all das zeigt, wo die USA mit Donald Trump stehen: in Gaga-Land. Dazu gehört auch dies: Mark Zuckerberg, der Facebook- Gründer, reist seit einiger Zeit von Küste zu Küste. Bis Ende des Jahres will er sämtliche 50 Bundesstaten besucht haben. Natürlich hat er politische Absichten dementiert. Aber die Frage bleibt. Will Zuckerberg US-Präsident werden? Er ist erst 32 und hat viel Zeit. Die Kombination White House/Facebook mit über einer Milliarde Nutzer würde Trump mit seinen Hotels und Golfplätzen als Fossil erscheinen lassen.

Donald, der Bulldozer, testet derweil schon mal die Grenzen des politischen Systems, das sich als widerständig, aber zugleich offen für Usurpation erweist. Es ist ein überkommenes System, geschaffen einst von Sklavenhaltern, die in erster Linie ihre Privilegien verteidigten und wirtschaftliche Schikanen des britischen Mutterlands abwehrten, anno 1776. Trump steht in dieser Tradition.

Er fördert Rassismus und arbeitet für eine kleine reiche Schicht, während er vorgibt, endlich etwas für die Menschen zu tun. Das ist der entscheidende Punkt für Schwarzenegger, das macht seine Terminator-Stärke aus. Bei ihm kann man sich sicher fühlen. Diese amerikanische Kampfmaschine gibt Geborgenheit. Sie ist einsilbig und hält Wort.

Eine neue Terminator-Trilogie soll in Planung sein. Amerika braucht Hilfe aus der Zukunft, wenn die Gegenwart so ist, wie sie sich im Augenblick darstellt. Arnold Schwarzenegger besitzt die kostbare Gabe der Selbstironie. Er ist, mit einem Modewort, authentisch, wird mit dem Alter immer besser. Ihn kann keiner feuern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false