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Kultur: Der Herr der Fräcke

Dem Revuefilm des Dritten Reiches haben Kritiker oft vorgeworfen, ihm habe es an Leichtigkeit gefehlt.Wer so etwas behauptet, der hat wahrscheinlich noch nie einen Film mit Johannes Heesters gesehen.

Dem Revuefilm des Dritten Reiches haben Kritiker oft vorgeworfen, ihm habe es an Leichtigkeit gefehlt.Wer so etwas behauptet, der hat wahrscheinlich noch nie einen Film mit Johannes Heesters gesehen.

Dieser Star, Schauspieler, Entertainer hat seinem Publikum nie das Gefühl gegeben, er würde sich als Sänger oder Tänzer verausgaben; eher sah er so beiläufig, lässig aus, als sei er gerade aus Versehen auf die Bühne geschlendert, und seine Lieder klangen zuweilen so intim, als habe er sie seinen Partnerinnen ins Ohr geflüstert.

Mochte er noch so siegessicher eine Treppe hinabschreiten, arrogant wirkte er dabei nie.Alles, was er tat, erschien locker und selbstverständlich.Vielleicht lag das an seiner Herkunft.Heesters kam aus einer holländischen Kaufmannsfamilie und hatte auch zunächst eine Banklehre begonnen, ehe er seine Liebe zur Operette entdeckte.Finanziell hatte er es nicht nötig, um sein Überleben zu singen, und er sah gut genug aus, um Frauen gegenüber passiv auftreten zu können.Johannes Heesters war ein Herzensbrecher, von dem allerdings keine Gefahr ausging.Lüsternheit war ihm völlig fremd - was ein Grund dafür sein dürfte, daß seine Ehe mit der ein halbes Jahrhundert jüngeren Simone Rethel keinen Spott ausgelöst hat.

Als echter Gentleman ließ Johannes Heesters seinen Partnerinnen den Vortritt.Und etwas anderes blieb ihm bei Marika Rökk ("Hallo Janine", 1939) wohl auch gar nicht übrig.Doch selbst weniger dominante Partnerinnen wie Dora Komar ("Immer nur du", 1941) und Gusti Huber ("Jenny und der Herr im Frack", 1941) konnten sich neben ihm entfalten.Dem Publikum erschien er als ein Mann, der die Frauen liebt und der auch Mut zur Schwäche zeigt.In dem wunderbar melancholischen Melodram "Illusion" (1941), von dem Russen Viktor Tourjansky inszeniert, läßt er sich von Brigitte Horney das Herz brechen, und wie er die Enttäuschung des um sein Glück Betrogenen ausspielt, völlig frei von Pathos, das ist seiner Zeit weit voraus.Nicht weniger beeindruckend: sein "Bel Ami" (1954, der zu Unrecht im Schatten des operettenhaften Willi-Forst-Films steht).Völlig ohne Rücksicht auf seine Fans, die in diesem Fall dann auch fernblieben, präsentierte der Schauspieler Heesters die Kälte und Rücksichtslosigkeit seiner Figur.

Waren die Kälte und die Rücksichtslosigkeit Bel Amis nur gespielt? Es gibt Heesters-Gegner, die ihm sein Verhalten im Dritten Reich übelnehmen.Etwa daß er als Holländer in Deutschland Triumphe feierte, während seine Heimat von deutschen Truppen verwüstet wurde.Und daß er vor SS-Leuten im KZ Dachau aufgetreten ist.Das ist bedenklich und erscheint doch harmlos verglichen mit dem, was sich andere Künstler und Künstlerinnen in dieser Epoche erlaubt haben.Sein Image als vollendeter Charmeur hat kaum Kratzer bekommen.Heute wird Johannes Heesters 95 Jahre jung.

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