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Kultur: Der ironische Wegbereiter

Zum Tod des amerikanischen Künstlers Larry Rivers

Es soll Leute geben, die Larry Rivers nur als Musiker kennen. Und damit haben sie nicht einmal so Unrecht: Bevor Rivers 1947 begann, beim deutschen Emigranten Hans Hofmann (dem Lehrer von Jackson Pollock und Barnett Newman) Malerei zu studieren, spielte er in verschiedenen New Yorker Jazz-Bands Saxophon – eine Leidenschaft, die den Freund von Miles Davis sein Leben lang begleitete. Bis vor kurzem ging er regelmäßig ins Studio, um Schallplatten einzuspielen.

Der Jazz, wie Rivers ihn verstand, war cool und anarchistisch, und genauso cool und anarchistisch waren auch seine Bilder. Um den Geschmack der Zeit hat sich der 1923 in der Bronx geborene Sohn ukrainischer Einwanderer jedenfalls herzlich wenig geschert. Als die Kunstszene in den Vereinigten Staaten Anfang der fünfziger Jahre kollektiv der Abstraktion verfiel, beharrte er als einer der wenigen darauf, „realistisch" zu malen. Zumindest so in etwa: Eines seiner bis heute bekanntesten Gemälde „George Washington überquert den Fluss Delaware" von 1953 ist eine geistreiche, respektlose Persiflage auf Emanuel Leutzes gleichnamige Ikone der amerikanischen Historienmalerei.

Auch in seinen späteren Arbeiten mischte er collagenhaft ungegenständliche Elemente mit bis zur Schematisierung vereinfachter Alltagsästhetik. Damit erreichte Rivers zweierlei: Zum einen nahm er dem Abstrakten Expressionismus den teilweise übertrieben erhabenen Ernst, ohne auf dessen malerische Qualitäten zu verzichten. Zum anderen wurde er so zu einem der wichtigsten Wegbereiter der Pop-Art. Was seine Kunst freilich auch nicht ganz zutreffend charakterisiert: Im Gegensatz zu den meisten Pop-Art-Künstlern war Rivers, der sich auch als Bildhauer, Filmmacher und Schauspieler betätigte, oft dezidiert politisch. Auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges behandelte er Themen wie den für das nationale Selbstverständnis so entscheidenden Bürgerkrieg serienweise mit der ihm eigenen hintergründigen Ironie . Larry Rivers starb, wie erst jetzt bekannt wurde, am Abend des 14. August im Alter von 79 Jahren bei sich zu Hause auf Long Island an einer langwierigen Krebserkrankung. Ulrich Clewing

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